Millionen gegen Hass - so trotzt Frankreich dem Terror
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Paris. . 3,7 Millionen Menschen gingen in ganz Frankreis auf die Straßen. Bedeutende Trauergäste aus aller Welt marschieren in Paris Arm in Arm mit dem Präsidenten.
Es ist eine gigantische und bewegende Demonstration gegen Terror und Hass. So jedenfalls wollen die Franzosen die von ihnen „Republikanischer Marsch“ getaufte Großkundgebung, an der am Sonntag Dutzende Regierungschefs und Spitzenpolitiker aus aller Welt teilnahmen, verstanden wissen. „Christen, Moslems, Juden, Atheisten – alle vereint“ steht auf einigen Spruchbändern zu lesen.
Und genau darum geht es, nichts anderes drücken auch die von Zehntausenden geschwenkten „Je suis Charlie“-Schilder aus.
Die Angst vor dem Terror ist vorsichtiger Erleichterung gewichen, der Schreck über die dreitätige Serie blutiger Anschläge dem Trotz. Ein Klima, zu dem auf seine Weise auch Frankreichs Präsident François Hollande beiträgt: „Steht auf gegen alles, was uns spalten könnte, steht auf gegen die Feinde der Freiheit und des Pluralismus“, hatte der französische Präsident seinen Landsleuten zugerufen. Aber dieses Echo dürfte selbst er nicht erwartet haben.
Doppelte Huldigung
Seit Ende des Zweiten Weltkriegs defilierten nicht mehr so viele Menschen gemeinsam durch die Straßen von Paris. Weit über eine Million wurden allein in der Hauptstadt geschätzt, im ganzen Land waren es mindestens ebenso viele. In einer doppelten Huldigung haben die Franzosen ihre Republik hochgehalten und sich gleichzeitig im Gedenken an die 17 Terror- Opfer verbeugt.
Tatsächlich hat die Ermordung der elf Karikaturisten und Journalisten, der zwei Polizisten sowie der vier jüdischen Mitbürger eine beispiellose Welle der Solidarität ausgelöst – weit über Frankreichs Grenzen hinaus. So nahmen neben Präsident Hollande und dem gesamten Regierungskabinett unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Paläs tinenserpräsident Mahmud Abbas, Italiens Regierungschef Matteo Renzi und EU-Ratspräsident Donald Tusk an dem Schweigemarsch teil.
Terroralarm gilt weiter
„Heute schlägt das Herz Europas französisch“, erklärte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sichtlich bewegt. Wie die meisten politischen Verantwortungsträger aus dem Ausland beendete er seine Teilnahme an dem langen Demonstrationszug allerdings schon nach einer Viertelstunde – aus Sicherheitsgründen.
Nach wie vor steht der Großraum Paris unter Terroralarm, was rings um die von 2200 Polizisten, Gendarmen und Soldaten abgeschirmte Großkundgebung nicht zu übersehen war. Insgesamt waren es sogar mehr als 5000 Sicherheitskräfte, die Scharfschützen auf den Dächern der Häuser entlang der Marschroute in Paris inklusive, die am Sonntag über die Seine-Metropole und ihre hochkarätigen Trauergäste wachten.
„Leistet Widerstand!“
Ihrer Trauer über die Opfer der Anschläge und ihrer Verbundenheit mit den Werten der Republik freilich haben die Franzosen bereits seit dem ersten Attentat in der Redaktion der Satirezeitschrift „Charly Hebdo“ Ausdruck verliehen. Am Samstag, als in 45 Städten des Landes insgesamt 700 000 Menschen als Zeichen der Solidarität auf die Straßen gingen, erreichte die gewaltige Mobilisierung einen ersten Höhepunkt.
In manchen Gemeinden wie in der südwestfranzösischen Stadt Pau nahmen mehr als ein Drittel aller Einwohner an den spontanen Kundgebungen teil. Auch in vielen europäischen Städten gingen Zehntausende Menschen auf die Straße, um an diesem denkwürdigen Tag ihre Verbundenheit mit dem Franzosen zu demonstrieren.
„Résistez!“ (Leistet Widerstand!) hat die linksliberale Tagezeitung „Liberation“ ihre Leser aufgefordert und damit wohl in einem einzigen Wort die Stimmungslage eingefangen. Die Franzosen wissen, dass dem Land weitere Attentatsversuche drohen. Aber sie haben an diesem Wochenende eindrucksvoll gezeigt, dass sie sich weder einschüchtern noch gegeneinander aufhetzen lassen wollen.
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