New York. Sony will die zunächst wegen Terror-Drohungen abgesagte Nordkorea-Satire “The Interview“ doch noch auf irgendeine Art und Weise veröffentlichen.

Das Filmstudio Sony Pictures will die zunächst wegen Terror-Drohungen abgesagte Nordkorea-Satire "The Interview" doch noch auf irgendeine Art und Weise veröffentlichen. "Wir wollen immer noch, dass die Öffentlichkeit diesen Film sieht", sagte der Chef von Sony Entertainment, Michael Lynton, dem US-Sender CNN. Seine Firma prüfe im Moment alle Möglichkeiten dafür und ziehe beispielsweise eine Veröffentlichung auf der Online-Plattform YouTube oder Video-on-Demand in Betracht. Eine endgültige Entscheidung darüber gebe es aber noch nicht. In dem Film bekommen zwei US-Journalisten den Auftrag, Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un bei einem Interview zu töten.

Den Film gemacht zu haben, bereue er nicht, sagte Lynton weiter. "Ich würde den Film wieder machen und zwar aus den selben Gründen, warum wir ihn gemacht haben. Es ist eine lustige Komödie und eine politische Satire. Mit dem Wissen, was wir jetzt haben, hätten wir aber vielleicht ein paar Dinge ein wenig anders gemacht."

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Das Studio hatte den eigentlich für den 25. Dezember geplanten Filmstart in den USA nach einem Hackerangriff und Terrordrohungen abgesagt. Die USA machen Nordkorea für den Hackerangriff verantwortlich.

Cyber-Angriff auf Sony bestätigt Sorgen von Experten

Der spektakuläre Angriff auf Sony Pictures ist die erste derart öffentliche Cyber-Attacke auf ein großes Unternehmen. US-Präsident Barack Obama und die Bundespolizei FBI vermuten Nordkorea hinter dem Angriff. Nordkorea reagierte wiederum mit dunklen Drohungen, das Land sei zur Konfrontation in "allen Kriegsbereichen einschließlich des Cyber-Kriegsraums" bereit.

Der Fall befeuert Sorgen, die Fachleute seit Jahren umtreiben. Denn Experten warnen immer wieder vor Angriffen auf die Schwachstellen in den IT-Netzen großer Firmen.

Dass es solche Schwachstellen gibt, ist unbestritten. Angriffe könnten nicht nur Unterhaltungskonzerne wie Sony treffen. Die große Sorge der Fachleute gilt Unternehmen, die für die Versorgung und Wirtschaft zentral sind - etwa Elektrizitätskraftwerke oder Börsen.

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Kaspersky warnte bereits vor zwei Jahren

Ein solcher Angriff auf lebenswichtige Infrastruktur wie Kraftwerke oder Verkehrssysteme sei unvermeidlich, warnte der Virenjäger Eugene Kaspersky bereits vor zwei Jahren. "Wir wissen nicht, wann und wo es passiert. Aber wir sind überzeugt: Es ist nur eine Frage der Zeit", sagte Kaspersky damals auf der Computermesse Cebit in Hannover.

Auch die Europäische Agentur für IT-Sicherheit Enisa warnte vor Schwachstellen in den Steuerungssystemen von Industrieanlagen. Diese Systeme seien oft veraltet und enthielten bekannte sowie unentdeckte Sicherheitslücken. "Die Risiken wachsen" angesichts immer besser informierter Angreifer, erklärte Enisa. Die Bundesregierung hat jüngst ein Gesetz auf den Weg gebracht, um Unternehmen aus zentralen Wirtschaftsbereichen zu verpflichten, solche Angriffe zu melden.

Deutsches Stahlwerk wurde digital attackiert

Dass die Warnungen ernst zu nehmen sind, zeigt ein Fall aus Deutschland. Dabei wurde ein Stahlwerk auf digitalem Weg attackiert. Die Täter nutzten eine Technik, die Fachleute als "Social Engineering" bezeichnen. Dabei werden Menschen mit gezielt auf sie zugeschnittenen Nachrichten dazu verleitet, Informationen preiszugeben.

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Die Nachrichten werden beispielsweise so gestaltet, dass sie aussehen, als kämen sie von der eigenen IT-Abteilung. Auch Links zu Schad-Programmen werden so an überrumpelte Mitarbeiter verteilt. Mit einer solchen Technik verschafften sich die Angreifer "Zugriff auf das Büronetz des Stahlwerkes", heißt es in einem Lagebericht des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Von dort arbeiteten sie sich in andere Netzwerke vor.

Die Angreifer schafften es, einen Hochofen der Kontrolle des Stahlwerks zu entziehen. Die riesige Anlage habe sich "in einem undefinierten Zustand" befunden, schreibt das BSI. "Die Folge waren massive Beschädigungen der Anlage." Es ist wohl das erste Mal, dass eine Behörde einen derart massiven Cyberangriff auf eine Industrieanlage offiziell bestätigt.

Hinter Stuxnet standen die USA und Israel

Bisher fielen solche Fälle eher unter staatliche Spionage. So griff der Computerwurm Stuxnet iranische Atomanlagen an und legte sie teilweise lahm. Es wird vermutet, dass die USA und Israel hinter dem Angriff stecken.

Im Fall Sony kamen zu dem Hacker-Angriff noch die Gewaltandrohungen der angeblichen Täter. Diese Drohung sorgte letztlich dafür, dass Sony den Kinostart des Films "The Interview" abblies. Es sei besorgniserregend, dass Hacker mit terroristischen Methoden drohten, erklärte Virenjäger Kaspersky nach dem Angriff. Die Attacke sei "ein starkes Signal, dass selbst die fortschrittlichsten High-Tech-Firmen nicht immun gegen Hacker-Angriffe sind". (dpa)