Erfurt/Dresden. Im Strafverfahren gegen Bodo Ramelow wegen seiner Beteiligung an Anti-Neonazi-Protesten 2010 fordert die Justiz die Aufhebung seiner Immunität.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat nach dem Antrag auf Aufhebung seiner parlamentarischen Immunität schwere Vorwürfe gegen die sächsische Justiz erhoben. "Dieser Verfolgungsdrang ist an Absurdität nicht zu überbieten. Damit soll die Zivilgesellschaft eingeschüchtert werden", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Gegen den Linke-Politiker läuft in Dresden seit Jahren ein Verfahren wegen seiner Beteiligung an Protesten gegen einen Neonazi-Aufmarsch.
Das Amtsgericht Dresden habe mit Schreiben vom 3. Dezember beim Landtag in Erfurt den Antrag gestellt, da Ramelow nach den Wahlen in Thüringen erneut Immunität genieße, sagte eine Gerichtssprecherin am Mittwoch in Dresden. Diese stehe dem anhängigen Strafverfahren entgegen. Eine Entscheidung über die Eröffnung einer Hauptverhandlung sei damit aber nicht gefallen.
Ramelow, der am 5. Dezember zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt wurde, wird ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen. Er habe im Februar 2010 eine friedliche Blockade gegen den genehmigten Neonazi-Aufmarsch mitorganisiert. Ramelow bestreitet das. Vielmehr sei er als Vermittler aufgetreten, und die Polizei habe seine Dienste auch in Anspruch genommen.
Amt des Ministerpräsidenten bietet allein keine Immunität
Gegen einen Strafbefehl des Amtsgerichts über 20 Tagessätze zu je 170 Euro hatte der Linke-Politiker 2012 Einspruch eingelegt. Das Gericht hatte das Verfahren dann im Mai dieses Jahres wegen Geringfügigkeit eingestellt. Dagegen wiederum hatte Ramelow Beschwerde eingelegt, da er seine Anwaltskosten selbst tragen sollte. "Es geht mir nicht ums Geld, es geht um Gerechtigkeit", hatte er damals gesagt.
Das Landgericht Dresden war der Beschwerde gefolgt und hatte die Einstellung aufgehoben. Seither ist das Verfahren wieder offen. Das Amtsgericht muss nun über die Eröffnung einer Hauptverhandlung entscheiden. Auch die erneute Einstellung bei Übernahme der Anwaltskosten durch die Justizkasse wäre möglich.
Wegen der bei den Linken festgeschriebenen Trennung von Amt und Mandat wird Ramelow sein Landtagsmandat ohnehin niederlegen. Wann das geschehen wird, stehe aber noch nicht fest, sagte eine Sprecherin der Landtagsfraktion in Erfurt. Das Amt des Ministerpräsidenten allein bietet keine Immunität.
Gysi wirft dem Richter politische Motivation vor
Die Linke-Bundesvorsitzende Katja Kipping sprach von einer Posse. "Die Kriminalisierung friedlicher Anti-Nazi-Proteste ist empörend. Zivilcourage ist kein Verbrechen", sagte die Dresdnerin dem Berliner "Tagesspiegel". Linke-Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi warf dem zuständigen Richter politische Motivation vor. "Er hätte das monatelang tun können und wird nun erst zur Wahl zum Ministerpräsidenten tätig", beklagte er in der "Welt". Der Thüringer Landtag solle den Antrag auf Aufhebung der Immunität ablehnen.
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) nahm die sächsische Justiz gegen Verdächtigungen in Schutz. "Eine der Errungenschaften der friedlichen Revolution ist die Unabhängigkeit der Justiz. Die wird auch in Sachsen gewahrt", sagte er der "Leipziger Volkszeitung". Alles andere wären Unterstellungen. (dpa)