Berlin. Am 11. Dezember endet die Ära Klaus Wowereit in Berlin. Viele Fehltritte wurden dem Regierenden Bürgermeister verziehen - manche nicht.

Er hatte schon viele Namen, war bekannt als „lässiger Landesvater“, als „Regierender Partymeister“, wurde fast liebevoll „Wowi“ genannt oder weniger liebevoll „Teflon-Klaus“ – und bekam 2012 auch den wenig schmeichelhaften Titel „peinlichster Berliner“.

Klaus Wowereit (SPD), seit 2001 Regierender Bürgermeister Berlins, hat lange Zeit viele kleine und größere Fehltritte überstanden, ohne großen Schaden zu nehmen. Zuletzt wurden die Stimmen, die seinen Rücktritt forderten, jedoch immer lauter. Im August dieses Jahres kündigte er an, sein Amt niederzulegen. An diesem Donnerstag, 11. Dezember, endet nun seine Amtszeit im Roten Rathaus.

Auch wenn sich die Hauptstadt im neuen Jahrtausend unter Wowereits Führung zur Metropole für junge Leute, Kreative und Unternehmen aus aller Welt entwickelte, der Tourismus boomt, die Wirtschaft wieder angesprungen ist und die Schuldenaufnahme gestoppt wurde – hängen geblieben sind auch und vor allem die politischen Fehltritte Wowereits:

1. Die Jahrhundertblamage Berlin-Brandenburg

Pleiten, Pfusch, Pannen, explodierende Kosten und Korruptionsvorwürfe – ausgerechnet sein Prestigeprojekt hat Wowereit das Image vermasselt: die unendliche Geschichte des von Planungs- und Baufehlern verhinderten Hauptstadtflughafens. Drei Jahre nach dem ersten von vier bisher geplanten Eröffnungsterminen ist der Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) noch immer nicht in Betrieb. Wann dort die ersten Flüge abgefertigt werden können, ist weiter unklar. Zuletzt war von einem Start im Jahr 2017 die Rede.

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Als Aufsichtsratschef wurde Wowereit eine erhebliche Mitschuld an der Flughafen-Misere angelastet. Zwischenzeitlich gab er dieses Amt deshalb sogar ab, übernahm es jedoch erneut, als sein Nachfolger Matthias Platzeck aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten musste. Einen Rücktritt als Regierender Bürgermeister lehnte er ab, ein Misstrauensantrag der Opposition 2013 scheiterte.

Die Pannen-Serie um den Berliner Flughafen brachte Wowereit auch den Spitznamen „Teflon-Klaus“ ein. Alle Vorwürfe schienen an ihm abzuprallen. Die Verantwortung trügen die anderen: die, die Wowereit nicht frühzeitig informierten, die obersten Planer, die Bauunternehmer. Bei seinem Rücktritt spricht der scheidende Regierende Bürgermeister allerdings von einer seiner größten Niederlagen.

2. Skiurlaub ist Wowereit wichtiger als Klärung einer Steuer-Affäre

Der jüngste Fauxpas von Klaus Wowereit ist wohl der Steuerskandal um seinen Kulturstaatssekretär André Schmitz. Als im Februar dieses Jahres bekannt wurde, dass Schmitz rund 450.000 Euro Schwarzgeld auf Schweizer Konten vor dem Fiskus versteckt hatte, hielt der Regierende Bürgermeister es nicht für nötig, seinen Skiurlaub zu unterbrechen. Zudem wusste Wowereit offenbar bereits seit 2012 von dem Steuerbetrug, ließ Schmitz aber im Amt.

3. Mit dem Privatjet eines Unternehmers nach London

Im März 2012 räumte Wowereit ein, zwei kostenlose Flüge im Privatjet des Unternehmers und Ex-Bahnchefs Heinz Dürr nach London angenommen zu haben. Den Vorwurf, politische und private Interessen vermischt zu haben, wies er jedoch entschieden zurück. In beiden Fällen habe er den Gegenwert der Flüge gespendet, verteidigte er sich.

4. S-Bahn-Chaos

Der öffentliche Nahverkehr Berlins galt einst als vorbildlich. In den vergangenen Jahren konnte davon jedoch keine Rede mehr sein. Immer wieder kam er in Berlin zum Erliegen. Störungsmeldungen, S- und U-Bahnausfälle zählten zur täglichen Routine. Gravierende Mängel bei der Berliner S-Bahn und die zum Teil veraltete Infrastruktur stürzten in den vergangenen Jahren Hunderttausende Pendler mehrfach ins Verkehrschaos. 2009 galt monatelang ein Notfallfahrplan.

Ein Vorwurf, der bekannt klingt: „Während die Bahn unserer Stadt die Lebensader abklemmt, verzieht sich Klaus Wowereit in den Urlaub”, schimpfte damals die Opposition. Der Regierende Bürgermeister versäumte es, sich in dieser Situation als Krisenmanager zu profilieren. Stattdessen wies er jegliche Schuld von sich. Die Verantwortung trage nicht der Berliner Senat, sondern die Deutschen Bahn.

Sprüche von "Partymeister" Wowereit

Diese Foto hängt Klaus Wowereit noch immer nach: Auf der Party zur Bambi-Verleihung 2001 in Berlin hält er einen roten Damenschuh in der Hand, um...
Diese Foto hängt Klaus Wowereit noch immer nach: Auf der Party zur Bambi-Verleihung 2001 in Berlin hält er einen roten Damenschuh in der Hand, um... © dpa
...den Schuh mit Champagner zu füllen. Das tat er aber nicht. Das Foto steht sinnbildlich für Wowereit als
...den Schuh mit Champagner zu füllen. Das tat er aber nicht. Das Foto steht sinnbildlich für Wowereit als "regierender Partymeister". (im Bild: mit Alexandra Neldel bei der Lola-Party 2011) © Getty Images
Dieser Satz kam aus dem Bauch heraus, sagt Wowereit (im Bild: Christopher Street Day 2014). Und er machte ihn zum Vorbild für viele:
Dieser Satz kam aus dem Bauch heraus, sagt Wowereit (im Bild: Christopher Street Day 2014). Und er machte ihn zum Vorbild für viele: "Wer es noch nicht gewusst hat:..." © imago
...Ich bin schwul, und das ist auch gut so.
...Ich bin schwul, und das ist auch gut so." Damit nahm Wowereit seinen Kritikern dsen Wind aus den Segeln. Er war der erste deutsche Spitzenpolitiker, der sich als Homosexueller outet — auf einem SPD-Parteitag 2001.(im Bild: Wowereit mit Ehemann Jörn Kubicki und Schauspielerin Barbara Schöne) © dpa
Nach der
Nach der "Knutsch-Affäre" rechtfertigt sich Wowereit: "Küssen gehört auch zum Regierenden Bürgermeister, und der Regierende Bürgermeister lässt sich das Küssen nicht verbieten". Wowereit hatte Kabarettistin Desiree Nick bei einer Gala intensiv auf den Mund geküsst. (im Bild: Wowereit und Nick im Maischberger-Talk) © imago
Berliner Schnodder-Schnauze: Er kann charmant sein, aber auch schnippisch. Als Berlin 2010 im Schnee-Chaos versank, wehrte Wowereit den Ruf um Hilfe vom Technischen Hilfswerk (THW) ab:
Berliner Schnodder-Schnauze: Er kann charmant sein, aber auch schnippisch. Als Berlin 2010 im Schnee-Chaos versank, wehrte Wowereit den Ruf um Hilfe vom Technischen Hilfswerk (THW) ab: "Wir sind hier nicht in Haiti, sondern in Berlin." (im Bild: Wowereit dankt der Stadtreinigung für ihren Einsatz) © dpa
Der Pannan-Flughafen BER bringt Wowereit den Spitznamen
Der Pannan-Flughafen BER bringt Wowereit den Spitznamen "Teflon-Klaus" ein: Immer wieder wird die Eröffnung verschoben – aber Vorwürfe scheinen an ihm abzuperlen. Erst beim Rücktritt nennt er den Hauptstadtflughafen eine seiner größten Niederlagen. © dpa
"Arm, aber sexy": Wowereit will in einem Interview ausdrücken, dass die Stadt trotz knapper Kassen viel zu bieten hat. Der lässige Spruch wird ihm von Konservativen teilweise übelgenommen. (im Bild: Wowereit 2009 bei der Fashion Week mit Sarah Connor, Wolfgang Joop und dessen Begleiterin) © dpa
Glamourfaktor: 2005 schafft es der Regierende Bürgermeister auf das Cover des
Glamourfaktor: 2005 schafft es der Regierende Bürgermeister auf das Cover des "Time"-Magazins. (im Bild: Wowereit wird vom Männermagazin GQ zum "Mann des Jahres 2011" gewählt) © dpa
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5. Explodierende Preise auf dem Berliner Immobilienmarkt

Einen weiteren Vorwurf muss ich der scheidende Regierende Bürgermeister Berlins gefallen lassen: nichts gegen die immens steigenden Immobilienpreisen in Deutschlands Hauptstadt getan zu haben. In keiner anderen Deutschen Stadt gibt es so viele Luxussanierungen wie in Berlin – ein Preistreiber für die Mieten. Die Kosten explodieren so stark, dass viele Ur-Berliner in die Randbezirke ziehen müssen, weil sie sich die teuren Wohnungen in den gentrifizierten Gebieten nicht mehr leisten können. (mit dpa)