Washington. Die US-Republikaner haben wie erwartet die Mehrheit im Senat erobert. Nachdem die Republikaner auch ihre Mehrheit im Abgeordnetenhaus ausbauten, beherrschen sie jetzt beide Parlamentskammern. Für Präsident Barack Obama wird nun das Regieren schwieriger.

Am Freitag gibt es viel zu besprechen. Dann holt sich US-Präsident Barack Obama den designierten Gewinner der Denkzettelwahl zum Kongress, die Republikaner, ins Weiße Haus. Es werden Sondierungsgspräche aus einer Position der Schwäche.

Die „Grand Old Party“ (GOP) hat bei den Halbzeitwahlen („midterms“) am Dienstag erwartungsgemäß ihre bereits vorher komfortable Mehrheit im Repräsentantenhaus ausgebaut. Dort sitzen nach Angeben des TV-Senders NBC künftig so viele Konservative wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr; über 40 mehr als die Demokraten aufbieten können.

Im 100-köpfigen Oberhaus, dem Senat, geben die Republikaner nach übereinstimmenden Berichten aller großen Fernsehsender auf der Basis von Hochrechnungen künftig mit mindestens 52 Sitzen die Marschrichtung vor - sieben mehr als bisher. Sechs hätten gereicht.

Auch Obamas Heimatstaat geht an Republikaner

Für Obama bitter: Die Republikaner haben den Gouverneursposten im Heimatstaat des demokratischen Präsidenten erobert. Bei der Wahl in Illinois kam der republikanische Herausforderer Bruce Rauner laut CNN auf 51 Prozent, der demokratische Amtsinhaber Pat Quinn auf 46 Prozent. Obama ist zwar auf Hawaii geboren, hat in Chicago aber seine politische Heimat gefunden. Auch seine beiden Töchter Malia (16) und Sasha (13) sind in der größten Stadt von Illinois geboren.

Hintergrund

Was bedeutet das Resultat konkret?

Die Partei von US-Präsident Barack Obama, die Demokraten, haben im Kongress nichts mehr zu sagen. Damit können nur noch die Republikaner Gesetze durch das Parlament bringen. Für den Präsidenten bedeutet, er muss Kompromisse eingehen oder mit einer Totalblockade rechnen.

Wie kam es zu den Verlusten der Demokraten?

Bei der Kongresswahl in der Mitte von zwei Präsidentenwahlen, den so genannten "Midterms", bekommt meist die Regierungspartei einen Denkzettel verpasst. Da geht es jetzt Obama nicht viel anders als seinen Vorgängern George W. Bush oder Bill Clinton. Hinzu kommt, dass Obama mittlerweile beim Volk sehr unbeliebt ist. Viele trauen ihm nicht mehr zu, noch irgendetwas bewegen zu können.

Was ist bei den Kongresswahlen passiert?

Genau das, was die Umfragen vorhergesagt haben. Die Republikaner haben die Mehrheit im Senat zurückerobert. Zugleich bleiben sie die stärkste Partei im Repräsentantenhaus. Damit sind künftig erstmals seit acht Jahren beide Kongresskammern wieder in der Hand der Konservativen. Für die Demokraten von Präsident Barack Obama ist es ein Debakel.

Gab es Überraschungen?

Kaum. Allerdings haben die Demokraten sogar in Staaten schlecht ausgesehen, in denen sie üblicherweise stark sind. Darunter Virginia oder New Hampshire. Außerdem muss Louisiana am 6. Dezember in die Verlängerung gehen. In dem Südstaat muss ein Kandidat mehr als 50 Prozent der Wählerstimmen gewinnen. Dies gelang keinem.

Was ändert sich im Detail?

Der Senat ist für Personalentscheidungen verantwortlich. Wenn Obama einen Minister, Bundesrichter oder Botschafter ernennt, muss er vom Oberhaus bestätigt werden. Dabei kommt er nun nicht mehr an den Republikanern vorbei. Die erste Nagelprobe kommt schon bald, da ein Nachfolger für Justizminister Eric Holder gefunden werden muss.

Hat das auch außenpolitische Folgen?

Nicht direkt, da die Außen- und Verteidigungspolitik die Domäne des Weißen Hauses ist. Doch Obama wird nicht einfach am Parlament vorbei handeln können. Internationale Abkommen müssen im Kapitol bestätigt werden. Auch Kriege kann offiziell nur der Kongress erklären. Zudem werden einflussreiche Ausschüsse künftig von Republikanern geleitet.

1/6

Dass es im Südstaat Louisiana im Dezember zur Stichwahl kommen wird, was das amtliche Endergebnis zwangsläufig verzögert, ändert an der politischen Großwetterlage nichts.

Zusätzliche Vertiefung der politischen Gräben erwartet

Beobachter in Washington erwarten durch das Ergebnis, das allgemein als schwere Ohrfeige für die als zu zögerlich und wenig gradlinig geltende Regierungspolitik Obamas gedeutet wird, eine zusätzliche Vertiefung der politischen Gräben zwischen den beiden großen Parteien. Der Handlungsspielraum des in Umfragen tief in den Keller gerutschten Präsidenten wird damit in den verbleibenden zwei Jahren seiner Amtszeit voraussichtlich erheblich eingeengt.

Die in nahezu allen Umfragen zuvor favorisierten Republikaner feierten bei der mit rund 3,6 Milliarden Dollar teuersten Zwischenwahl aller Zeiten kurz nach Schließung der ersten Wahllokale einen frühen Prestige-Erfolg. Der profilierteste Obama-Verächter im Senat, Mitch McConnell, deklassierte im Tabak-und-Pferde-Bundesstaat Kentucky seine demokratische Widersacherin Alison Lundergan Grimes. Jene Demokratin, die sich im Wahlkampf mit Händen und Füßen gewehrt hatte, als Obama-Anhängerin verdächtigt zu werden.

McConnell gab sich staatsmännisch versöhnlich: „Nur weil wir ein zwei-Parteien-System haben, bedeutet das nicht, dass wir in ständigem Zwist leben müssen“, erklärte der 72-Jährige, „wir haben die Verpflichtung, bei Sachthemen zusammenzuarbeiten.“ Abwarten.

In West Virginia siegte zum ersten Mal eine Republikanerin

Die weiteren Schlaglichter: Auch in West Virginia, vom Niedergang der Kohle gebeutelter Armuts-Staat, siegte - zum ersten Mal - eine Republikanerin über eine Demokratin. Ebenso Arkansas, der Heimat-Bundesstaat des früheren demokratischen Präsidenten Bill Clinton, wechselte die Farben. Von Blau zu Rot. Der republikanische Herausforderer Tom Cotton, ein schneidiger Irak-Veteran (38), warf hier den demokratischen Amtsinhaber Mark Pryor aus dem Amt.

In South Dakota machte der konservative Kandidat Mike Rounds das Rennen, nachdem der demokratische Amtsinhaber Tim Johnson nicht mehr angetreten war. Ebenfalls auf die Butterseite fielen den Konservativen Montana und das viel beachtete Kansas, wo mit Greg Orman einer der wenigen parteilosen Kandidaten dem republikanischen Amtsinhaber Pat Roberts unterlag. Dass David Perdue in Georgia die Demokratin Michelle Nunn bezwang, machte die Sache für das Obama-Lager nicht besser.

Um 23.33 Uhr war Kampf für Demokraten verloren

Das erste Aufatmen bei den Demokraten war daher nur ein Strohfeuer. Im Ostküsten-Staat New Hampshire rang die amtierende Senatorin Jeanne Shaheen ihren republikanischen Herausforderer Scott Brown nieder. Brown hatte es vorher bereits im Nachbarstaat Massachusetts versucht. Auch da unterlag der Tea-Party-Propagandist einer Frau. Browns Misere war schnell vergessen. Mark Udall, Demokrat, hatte im extrem umkämpften Colorado gegen den Republikaner Cory Gardner das Nachsehen. In Florida, strategisch mit Blick auf Präsidentschaftswahlen wichtig, obsiegte nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen Amtsinhaber Rick Scott gegen den demokratischen Kandidaten Charlie Christ.

Auch interessant

Eine halbe Stunde vor Mitternacht (Ortszeit) benötigten die Republikaner noch einen einzigen Sieg, um den Sack zuzumachen, sprich 51 Sitze im Senat zu erringen. Zu diesem Zeitpunkt waren Iowa, North Carolina, Alaska und Virginia noch zu vergeben. Überall lagen republikanische Kandidaten aussichtsreich im Rennen. Um 23.33 Uhr meldeten US-Medien, dass die Demokraten in Iowa und North Carolina ihre Rennen verloren haben. In diesem Moment war der Kampf um den Senat de facto entschieden.

Keine weibliche Gouverneurin in Texas

Worüber die Demokraten außerdem weinten: Wendy Davis wollte in Texas als Demokratin in die Männer-Domäne der Gouverneure eindringen - fehlgeschlagen. Greg Abbott, ein strammer Konservativer, wurde es.

Was sauer aufstieß und einen Vorgeschmack auf die Zukunft gibt: Rand Paul, aussichtsreicher Möchtegern-Kandidat für 2016, eröffnete frühzeitig den Präsidentschaftswahlkampf. Kentuckys Ergebnis (Nicht-Wahl der Clinton-Bewunderin Grimes) sei ein klares Nein zu Hillary Clinton, sagte der Arzt-Sohn. (mit dpa)