Herne. . Wer ist Schuld an der Bluttat von der Saarstraße in Sodingen? Das soll das Landgericht klären. Allein: Die Sache wird immer rätselhafter.

Im Prozess um die rätselhafte Bluttat in einer Mietwohnung in Sodingen hat der Angeklagte (29) am Montag am Bochumer Schwurgericht sein Schweigen gebrochen. Auch das mutmaßliche Opfer (44) kam zu Wort - und nahm praktisch alle Schuld auf sich.

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Völlig entgegen den Schilderungen der Anklage behaupteten sowohl der Angeklagte als auch der durch vier Messerverletzungen in den Oberkörper und den Rücken schwer verletzte Kraftfahrer, dass der blutige Zwischenfall im Juli an der Saarstraße angeblich durch Selbstverletzungen passiert sein soll.

Angeklagter soll aus Wut beschuldigt haben

„Ich war sehr betrunken, habe das Messer genommen und mich dann damit selbst geschnitten“, erklärte der 29-Jährige. Anlass dafür sei eine alkoholbedingte Machtdemonstration vor seiner ebenfalls anwesenden Frau gewesen.

Allein aus Wut habe er im Krankenhaus den Angeklagten (seinen Schwager) als Messerstecher beschuldigt. „Aber er war es nicht“, beteuerte das mutmaßliche Opfer. Fakt ist: Der Angeklagte schilderte den Richtern am Montag genau den selben Tatablauf.

Völlig außer Rand und Band

Erst habe es Streit gegeben, dann sei es aber allein sein Schwager gewesen, der ausgerastet sei. „Er war völlig außer Rand und Band“, hieß es. „Erst sagte er, er würde unsere ganze Sippe abstechen. Dann stach er aber plötzlich auf sich selbst ein. Als wir sahen, dass überall Blut aus seinem Körper kommt, haben wir versucht, ihm das Messer wegzunehmen.“

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Nach einem kleinen Gerangel sei der schwer verletzte Schwager schließlich fluchend auf die Straße gelaufen. Hat sich hier der Familienrat nachträglich eine Version zum Schutz des Angeklagten ausgedacht? Kann das wirklich alles stimmen? Ein Rechtsmediziner beantwortete die zweite Frage am Montag im Prozess sinngemäß mit einem klaren Nein.

Rechtsmediziner bezweifelt Aussage

Das Verletzungsbild deute eindeutig auf das Zustechen mit einem Messer durch eine andere Person als dem Verletzten selbst hin. Allein die Region der Verletzungen – teils im oberen Arm- und Schulterbereich, teils im Rückenbereich – lasse im Grunde nur einen Schluss zu: „Das kann man sich nicht selbst beigebracht haben.“

Die Anklage gegen den seit vier Monaten in U-Haft einsitzenden 29-Jährigen lautet auf versuchten Totschlag.