Essen. . Er stand mit Größen wie Udo Lindenberg, Herbert Grönemeyer oder den Fanta 4 auf der Bühne. Clueso gilt als einer der erfolgreichsten Songwriter seiner Generation. Doch diese Rolle engte den Erfurter Musiker ein. Im Gespräch erzählt er, wie er seine Leidenschaft für die Musik zurück gewann.

Lange war es ruhig um Thomas Hübner, besser bekannt als Clueso. Nach fünfmal Gold, zweimal Platin und mehr als einer Million verkauften Tonträgern gönnte er sich eine Kreativpause. Nur wenig drang an die Öffentlichkeit. Mehr als drei Jahre nach der letzten LP ist er nun zurück mit seinem sechsten Studioalbum: „Stadtrandlichter“ stieg direkt auf Platz 1 der Albumcharts ein. Mit Jennifer Kalischewski sprach der Erfurter über die erste Single „Freidrehen“, seinen Opa, seine WG und übers Fliegen ohne Flugschein.

Heute schon freigedreht – und was bedeutet das eigentlich?

Clueso: Der Begriff hat zwei Bedeutungen für mich. Erst mal die klassische: durchgeknallt sein, durchdrehen. Es gibt Regionen, wo man das Wort nicht kennt ...

... wie hier bei uns ...

Clueso: Echt jetzt? Ja, das ist doch super! In meiner Region ist das ganz ­normal. Jemand, der freidreht, hat nicht alle Tassen im Schrank. Aber man kann sich auch aus Situ­ationen freidrehen, die einem unlieb sind. Das macht ‘ne gute Party mit einem. Ist ja auch ein Partysong, der mich überhaupt nicht nervt, dafür, dass er so oft gespielt wird.

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"Man überlegt, was man noch ändern könnte"

Und sonst langweilen dich deine Songs irgendwann?

Clueso: Das nicht. Aber bei manchen ­Nummern fängt man an, zu über­legen, was man verändern könnte. Die nerven irgendwann. Wenn die Leute aber ‘ne geile Zeit mit meiner Musik haben, höre ich die Songs auch wieder anders. Es ist kein Problem, Songs tausendmal live zu spielen, aber tausendmal das eigene Lied im Radio zu hören, ist komisch.

Im Moment hört man deine neue Single häufig im Radio. Warum die lange Pause?

Clueso: Ich habe die ganze Zeit Musik gemacht. Musik ist für mich ein Bedürfnis wie Essen. Allerdings hatte ich keine Zeit mehr für meine Leidenschaft dabei. Deshalb die Öffentlichkeitssperre. Ich musste in mich hineinhorchen, Zeit haben, am nächsten Tag noch mal an einen Song ranzugehen, ohne dass ein Termin drückt.

Was hast du sonst noch getrieben?

Das geht dich überhaupt nichts an! (lacht.) Ich war mit meinem Opa angeln und hab mit ihm ein Album aufgenommen. Er ist der coolste Dude auf Erden. Er macht so witzige Arbeitersongs. Das ist aber nicht für die Öffentlichkeit.

"Ich will nicht, dass Leute das Album von Opa kritisieren"

Warum nicht?

Clueso: Ganz einfach: Oma will das nicht. Opa braucht das nicht. Der sagt, er muss nicht im Fokus stehen, wir machen das für uns. Und außerdem will ich nicht, dass Leute das Album von meinem Opa kritisieren.

Was hast du in der Kreativpause abseits der Musik gemacht?

Clueso singt im Westfalenpark

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Clueso: Ich war viel in Erfurt unterwegs. Da siehst du immer die gleichen Gesichter, weißt aber kaum etwas über sie. Und dann weißt du mal wieder: Der ist jetzt mit der zusammen, die haben Kinder gekriegt. Dazu ein bisschen Family, Zimmer in meiner WG verschönern. Es war schon schön, auch mal das Private zu haben.

Du bist 34, um dich herum gründen Leute Familien. Du lebst in einer Sechser-WG. Das klappt?

Clueso: Klappt wunderbar. Das sind alles Künstler. Jeder hat seinen eigenen Raum. Ich fühl mich da sehr wohl. Ich guck auch nach rechts und links, sehe, wie Leute Häuser bauen. Wenn sich ergeben sollte, dass ich ein Haus bauen müsste, würde ich’s einfach machen. Sieht aber gerade nicht danach aus.

"Was ich herausbringe, ist immer das beste, was ich gemacht habe"

Du giltst als Perfektionist. Was war wichtig bei „Stadtrandlichter“?

Clueso: Was ich herausbringe, ist immer das beste, was ich gemacht habe. Aber beim letzten Album „An und für sich“ hatte ich das Gefühl, manchmal ist es ein bisschen gewollt, man hört den Produktionsprozess. Das wollte ich besser machen. Ich wollte, dass die Songs so klingen, wie sie zur Tür reinkommen. Ich hab mich auf ‘nem Bauernhof eingeschlossen und an manchen Songs ewig rumgewerkelt, bei „Galerie“ zum Beispiel. Am Ende bin ich glücklich, dass er trotzdem sehr natürlich klingt.

Wie kamst du auf den Bauernhof?

Clueso: Ich kenne einen Piloten. Der hat diesen Bauernhof außerhalb, wohnt aber in der Innenstadt.

Und fliegen kannst du jetzt etwa auch?

Clueso: Ich kann ein Flugzeug landen und starten. Ich kann auch fliegen, aber ich hab keinen Flugschein. Mein Manager hat den Flugschein gemacht, und ich wollte unbedingt lernen, wie man mit der Maschine fliegt, damit ich weiterleben kann, wenn ihm mal was zustößt. Ich habe nur zu wenig Zeit für den Flugschein. Ich habe ja noch nicht mal den Führerschein.