Berlin. . Es war buchstäblich eine Prüfung auf Herz und Nieren: Zum zweiten Mal nach dem Organspende-Skandal in Göttingen haben Kontrolleure Transplantationen an Kliniken unter die Lupe genommen. Dabei entdeckten sie mit dem Deutschen Herzzentrum in Berlin erneut ein schwarzes Schaf.

Beim Deutschen Herzzentrum sind Transplantationen in 14 Fällen offenbar manipuliert worden. Zu dem Ergebnis kommen die Prüfungs- und die Überwachungskommission der Bundesärztekammer. Mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ handele es sich um „bewusste Falschangaben“, erklärten sie gestern in Berlin.

Die Verdachtsfälle aus den Jahren 2010 bis 2012 beschäftigen längst die Staatsanwaltschaft. Eine betroffene Oberärztin schweigt. Das Berliner Herzzentrum hatte Anzeige erstattet. Dort wurden im selben Zeitraum 106 Transplantationen durchgeführt. Die Kommission hat davon 82 geprüft.

Mit Medikamenten manipuliert

Getrickst wurde bei so genannten Hochdringlichkeitsanträgen. Wer akut gefährdet ist, kommt schneller zu einem Organ. Ein Kriterium für den Schweregrad ist die Dosierung von Medikamenten zur Unterstützung des Kreislaufs.

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In vier Fällen wurden gegenüber der Zentralstelle falsche Werte angegeben. Sechs Mal wurde Patienten die Dosierung punktgenau zum Tag des Antrags erhöht – und danach abgesenkt. In den restlichen Fällen wurden Komplikationen oder Daten falsch wiedergegeben. Warum manipuliert wurde, ist unklar. Eines haben die Prüfer bereits festgestellt: Es ging nicht um Privatpatienten.

Weitere Zentren sollen geprüft werden

Die Kommission will bis Herbst 2015 alle Transplantationszentren und Programme für Herz, Nieren, Leber, Bauchspeicheldrüsen und Lungen prüfen. Der aktuelle Bericht zählt wenige Verstöße in Berlin, Hamburg (Nieren) und Regensburg auf, aber über das Herzzentrum hinaus keine weiteren Hinweise auf Manipulation. Meist geht es um die Daten der Erstdialyse, Dokumentationsfehler oder um Zahlendreher.

Insgesamt gingen die Prüfer von September 2013 bis August 2014 genau 1090 Krankenakten aus den Jahren 2010 bis 2012 durch. Das ist deswegen relevant, weil es noch im Zeitraum vor dem Organspenden-Skandal war. Insgesamt wurden zwischen 2010 und 2012 in 7596 Fällen Herz, Nieren und Bauchspeicheldrüsen transplantiert.

Eine akute Gefährdung

Neben der Kontrollinstanz baute die Ärztekammer eine Vertrauensstelle auf. An sie kann sich jeder wenden, um Auffälligkeiten zu melden. Beispiel: In einer anonymen Anzeige wurde auf einen Patienten aus dem arabischen Raum aufmerksam gemacht, der zur Behandlung aufgenommen wurde. Kaum angekommen, wurde eine akute Gefährdung festgestellt und ein Organ vermittelt. Der Tippgeber vermutet, dass die Transplantation von Anfang an das Ziel und die Behandlung nur eine „Legende“ war.

Beweisen lässt sich das nicht.