Washington. . Auch nach den Krawallen prallen in Ferguson zwei Welten aufeinander. Erstmals haben sich auch weiße Demonstranten auf die Straße getraut – um ihre Solidarität mit dem Todesschützen kundzutun. „Wir stehen hinter Officer Wilson“, sagte eine junge Mutter, „er hat seine Pflicht getan.“
Wenn sich Ferguson am Montagmorgen nach der Rede von Reverend Al Sharpton über das Grab von Michael Brown beugt, entscheidet im Zweifel die Hautfarbe über Trauer und Betroffenheit.
Eine landesweite Umfrage des Pew-Instituts hat ergeben, dass achtzig Prozent der Afro-Amerikaner die Erschießung des 18-jährigen Schwarzen durch den weißen Polizisten Darren Wilson am 9. August auf rassistische Ungleichbehandlung zurückführen – nur 37 Prozent der befragten Weißen sehen das auch so. Während hier über die Hälfte glaubt, dass Justitia ein faires Urteil herbeiführen wird, haben 76 Prozent der Schwarzen jedes Vertrauen in die staatlichen Institutionen verloren.
Rund zwei Wochen nach dem Tod Browns mögen die zeitweise gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei in der Kleinstadt bei St. Louis im US-Bundesstaat Missouri abgeklungen sein, schreibt die Lokalzeitung St. Louis Post-Dispatch, „die Gräben zwischen Weißen und Schwarzen erscheinen jedoch tiefer denn je“.
Hunderte Afroamerikaner rufen erneut nach Gerechtigkeit
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In Ferguson prallten die verschiedenen Welten am Wochenende aufeinander, friedlich. Während Hunderte Afroamerikaner erneut auf der West Florissant Avenue, Schauplatz der Krawalle der letzten Woche, nach Gerechtigkeit riefen, wagte sich einige Meilen entfernt die Gegenseite auf die Straße. Vor einem Pub skandierten meist weiße Demonstranten Parolen für den an einen unbekannten Ort geflohenen Polizisten.
„Wir stehen hinter Officer Wilson“, sagte eine junge Mutter, „er hat seine Pflicht getan.“ Binnen weniger Tage sind für den vom Dienst freigestellten Officer über 350.000 Dollar an Spenden zusammengekommen. „Er wird das Geld brauchen, wenn die Anwälte bezahlt werden müssen“, sagte ein anderer Sympathisant.
Dabei steht die strafrechtliche Aufarbeitung noch in den Sternen. Staatsanwalt Bob McCulloch sieht sich dem Vorwurf der Kumpanei mit der (mehrheitlich weißen) Polizei ausgesetzt. Schwarze Gemeindemitglieder verlangen, dass er von dem Fall abgezogen wird. Die „Grand Jury“, eine Anklagekammer, die wohl nicht vor Mitte Oktober entscheiden wird, ob Officer Wilson überhaupt vor Gericht kommt, hat zwölf Mitglieder. Nur drei davon sind Schwarze.
Zusätzlich vergiftet wird die Atmosphäre durch Einzelfälle grotesken polizeilichen Fehlverhaltens. „Diese Protestierer hätte man in der ersten Nacht wie einen tollwütigen Hund plattmachen sollen“, schrieb Officer Matthew Pappert auf seiner Facebook-Seite – und wurde umgehend suspendiert. Gleiches geschah dem weißen Polizisten Dan Page, der bei den Protesten handgreiflich geworden war.
„Body-Cams“ sollen helfen
Unterdessen wird der Ruf lauter, die Polizei flächendeckend mit „Body-Cams“ auszurüsten. Das sind Mini-Kameras, die am Revers befestigt werden. Jeder Kontakt eines Polizisten mit der Bevölkerung wird so per Video festgehalten. Mit Blick auf die kalifornische Kleinstadt Rialto sprechen Bürgerrechts-Organisationen von einem „wirksamen Instrument, um Polizeimacht einzugrenzen“. In Rialto seien damit Beschwerden über die Polizei binnen eines Jahres um 90 Prozent zurückgegangen.