Stuttgart/Mannheim. Sind Tantra-Massagen sexuelle Dienstleistungen und damit vergnügungssteuerpflichtig? Diese Frage muss der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg klären. Eine Tantra-Masseurin hatte gegen die Zwangsabgabe geklagt. Sie sieht Tantra als Wellness — nicht als Sex.
Die Tantra-Masseurin Monika Kochs will von Sex in ihrem Studio nichts wissen - und wehrt sich deshalb dagegen, die Vergnügungssteuer zu zahlen. Weil die Stadt Stuttgart das anders sieht und auf die Abgabe pocht, ist die 56-Jährige nun vor den Verwaltungsgerichtshof in Mannheim gezogen. Im Mittelpunkt des am Donnerstag gestarteten Prozesses in zweiter Instanz steht dabei die Frage, was eine Tantra-Massage überhaupt ist: Ein Wellnessangebot oder ein Sexerlebnis?
"Bei den Tantra-Massagen geht es um das ganzheitliche Wohlbefinden des Menschen und nicht um das sexuelle Vergnügen", sagte Kochs vor Gericht. Als sie auf dem Steuerbescheid der Stadt Stuttgart das Wort "Bordell" gelesen habe, "da wusste ich sofort, das ist etwas ganz anderes." Bei Tantra-Massagen entkleiden sich Kunde und Masseurin und sind dann beide nackt. Der Intimbereich wird bei der Ganzkörperbehandlung mit eingeschlossen.
Doch: Die Massagen unterlägen einem strikt einzuhaltenden Ritus im Sinne der tantrischen Erkenntnislehre, erläuterte Kochs. "Es geht um eine ganzheitliche Körperberührung. Nach der Idee des Tantra kann man den Genitalbereich nicht ausschließen. Das Sexuelle kann man nicht ausklammern." Doch diese Berührungen im Intimbereich seien kein Sex.
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Und das ist der Knackpunkt bei dem Streit. Denn in Stuttgart muss laut Satzung für "das gezielte Einräumen der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bordellen, Laufhäusern, Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs und ähnlichen Einrichtungen" Steuer gezahlt werden.
Und nach bisheriger Rechtsprechung sind Tantra-Massagen eben genau das: sexuelles Vergnügen und damit steuerpflichtig - so hatte das Stuttgarter Verwaltungsgericht im vergangenen November über den Fall entschieden. Nach Auffassung der Richter räumt die Klägerin in ihrem Betrieb "gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen" ein.
Die Richter betonten, dass sich diese sogenannte Sexsteuer nicht an den Massage-Salon richte, sondern eben an den Kunden, der das sexuelle Vergnügen suche. Es sei eben nicht auszuschließen, dass Kunden genau deswegen eine solche Ganzkörpermassage wollten. Der Anwalt der Klägerin hielt dagegen: "Wenn es offenkundig ist, dass der Kunde offensichtlich Sex haben will, dann wird er abgewiesen."
Auch Vergnügungssteuer auf Schwimmbäder und Kinos?
Wenn es auf die Motivation des Kunden ankomme, dann müssten auch Schwimmbäder, Kinos oder Hotels eine Vergnügungssteuer zahlen, meinte der Anwalt. "Wenn ich als Kinobesucher Filme mit erotischem Inhalt sehe und dann erotisch stimuliert bin, dann wäre dieser Tatbestand auch erfüllt."
Mehr als um das Geld scheint es Kochs um das Prinzip zu gehen. "Heute ist ein bedeutender Tag für die Tantra-Massage in Deutschland", sagte sie nach dem Prozess. "Der Öffentlichkeit zu zeigen, dass Tantra-Massage nichts mit Rotlicht und Prostitution zu tun hat, ist ein großer Erfolg." Ob der juristische Erfolg folgt, bleibt abzuwarten. Mit einem Urteil sei innerhalb der kommenden drei Wochen zu rechnen, gaben die Richter bekannt. (dpa)