Belgrad. Einig sind sich in Serbien alle über die Rekord-Regenmengen Mitte Mai. Umstritten ist aber, ob die historischen Überschwemmungen hausgemacht waren. Haben menschliche Fehler die Flut in der besonders betroffenen Stadt Obrenovac ausgelöst? Die Sprengung einer Straße soll Auslöser gewesen sein.

Falsche Entscheidungen der Behörden sollen die katastrophalen Überschwemmungen in Serbien einem Medienbericht zufolge verursacht oder jedenfalls verschlimmert haben. Die größte Zeitung "Blic" veröffentlichte am Sonntag das Foto einer Straße, deren Sprengung die Flut in der Kleinstadt Obrenovac vor den Toren Belgrads Mitte Mai ausgelöst haben soll. "Sie sprengten eine Straße und versenkten die Stadt", hatte das angesehene Blatt schon am Vortag über die Entscheidung der Behörden getitelt. In Obrenovac waren die weitaus meisten der insgesamt 24 Ertrunkenen gefunden worden.

Die Zeitungen unter Regierungseinfluss veröffentlichten am Wochenende dagegen Meinungsumfragen, in denen sich die Bürger äußerst zufrieden mit dem Krisenmanagement der Behörden zeigen. Kritische Stimmen im Internet hatten dagegen vor allem Regierungschef Aleksandar Vucic schwere Versäumnisse und Panik vorgeworfen. Dutzende Blogs und kritische Beiträge wurden zwangsweise vom Netz genommen, weshalb der staatliche Bürgeranwalt und die Journalistengewerkschaft NUNS von Zensur sprachen. Die Regierung hatte jede Mitwirkung zurückgewiesen.

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Neubau von bis zu 2000 Gebäuden nötig

Die Schadenssumme ist auch zwei Wochen nach der Flut noch nicht annähernd bekannt. In ersten inoffiziellen Schätzungen wurde von einer bis zwei Milliarden Euro gesprochen. Der zuständige Minister sagte der Zeitung "Novosti" am Sonntag, bis zu 2000 Gebäude müssten abgerissen und neu gebaut werden.

Der staatliche Bürgeranwalt Sasa Jankovic kritisierte am Sonntag, dass der Regierungschef alle Entscheidungen außerhalb der Institutionen treffe "und alle anderen nur mitschreiben". Selbst die Regierungszeitung "Politika" veröffentlichte am Sonntag auf ihrer Titelseite eine Karikatur, die alle Spitzenpolitiker mit verklebtem Mund zeigt. Nur Vucic spricht. (dpa)