Essen. In den Gärten beginnt nun wieder das große Flattern. Einige Schmetterlingsarten sind schon seit einigen Wochen unterwegs, immer mehr gesellen sich hinzu. Doch die Insekten sind in Sachen Nahrung äußerst wählerisch. Wer sie anlocken möchte, sollte ein paar Tipps von einem Experten beherzigen.
Wenn Sie beim Spaziergang einer fliegenden Berghexe begegnen, wie verhalten Sie sich? A) Sie retten sich mit einem Hechtsprung ins Unterholz, B) Sie suchen sofort einen Psychologen auf, C) Sie berichten voller Stolz einem Lepidopterologen von ihrem Fund.
Sollte die Hexe einen Besen dabei haben, liegen Sie mit A oder B sicher nicht falsch. Ist sie jedoch braun mit cremeweißen Flecken und etwa 45 bis 60 Millimeter groß, haben Sie Anlass zur Freude. Denn der kleine Schmetterling ist in Deutschland stark gefährdet – ein Lepidopterologe, also ein Schmetterlingsforscher, würde Ihnen das bestätigen.
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Admiral, Schornsteinfeger, Landkärtchen – die filigranen Wesen mit den pudrigen Flügeln und den mal märchenhaften, mal sperrigen Namen haben wieder Saison: Die meisten Tagfalter flattern zwischen April und August, Tagpfauenauge und Zitronenfalter können schon im März gesichtet werden.
In Deutschland gibt es rund 3600 Schmetterlingsarten
In ganz Deutschland gibt es Experten zufolge etwa 3600 Schmetterlingsarten, große und kleine, Tag- und Nachtfalter. Wie viele davon auch in Nordrhein-Westfalen vorkommen, wisse man nicht genau, sagt der Lepidopterologe Dr. Ralph Schöpwinkel. Das liege daran, dass lediglich die Großschmetterlinge gut untersucht seien, viele kleinere Arten würden in der Forschung leider oft vernachlässigt. „Je weiter man nach Norden kommt, desto geringer wird die Artenzahl“, so Ralph Schöpwinkel, denn Schmetterlinge fühlten sich vor allem in vielfältiger Landschaft wohl. Doch auch ehemalige Bergbauhalden, von denen das Ruhrgebiet ja einige zu bieten hat, müssten nicht artenarm sein, sagt der Experte: „Für viele Arten ist so eine Fläche weitaus interessanter als überdüngte grüne Wiesen.“
Violetten Blüten sind für die Tiere besonders verlockend
Statt grasgrün hat es der Durchschnitts-Schmetterling nämlich lieber lila. Viele Schmetterlinge seien verrückt nach violetten Blüten, wie sie zum Beispiel an Sommerflieder oder Disteln wachsen, so Ralph Schöpwinkel. Auch wilder Oregano oder Flockenblumen würden von zahlreichen Faltern gern angesteuert. Dass die Tiere so wählerisch sein können, hängt mit ihren komplexen Sinnesorganen zusammen: Mit den Augen nehmen sie unterschiedliche Farbtöne und mit ihren Beingliedern die chemische Zusammensetzung einer Pflanze wahr. So erkennen sie, ob ihr Landeplatz eine geeignete Futterpflanze ist und als Platz für die Eiablage taugt.
Einigen Arten werden ihre speziellen Ansprüche jedoch zum Verhängnis. Sowohl das Klima als auch die Vegetation veränderten sich, so Schöpwinkel, die Bebauung nehme zu, die Landnutzung werde intensiviert – all das führe dazu, dass manche Arten, zum
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Beispiel der Feurige Perlmuttfalter, seltener würden. Gut zurecht komme hingegen das Tagpfauenauge, dessen Raupen an Brennnesseln leben. Den Nachtfaltern indes mache die „Lichtverschmutzung“ zu schaffen, das bedeutet: „Es gibt zuviel Beleuchtung, die zu weit nach oben abstrahlt oder an Waldränder heranstrahlt“, erklärt Schöpwinkel. Was dann passiert, hat jeder von uns schon einmal beobachtet – die Falter werden angelockt und umkreisen die Lichtquelle so lange, bis sie entweder beim Aufprall auf die Lampe sterben oder vollkommen entkräftet leichte Beute für andere Tiere bieten. Untersuchungen zufolge gehen in einer Sommernacht pro Straßenlaterne etwa 150 Insekten zugrunde. Hochgerechnet auf sämtliche Straßenlaternen in Deutschland, wobei private und gewerbliche Beleuchtung noch außen vor sind, könnten so jede Nacht mehrere Millionen Insekten sterben, darunter eben auch Nachtfalter. Darauf weist zum Beispiel die Stadt Siegen hin und gibt in einem Faltblatt Tipps für „insektenfreundliche Beleuchtung“.
Im Garten vor allem heimische Pflanzen ansiedeln
Und wie kann man Schmetterlinge nun auf nette Art anlocken und ihnen gleichzeitig etwas Gutes tun? Indem wir zum Beispiel darauf achten, dass wir im Garten vor allem heimische Pflanzen ansiedeln, auch als Futter für Raupen, so der Experte.
Wer die Falter gezielt auf seinen Balkon locken möchte, „müsste allerdings schon einen Blumenkasten voller Brennnesseln pflanzen“, im Garten hingegen könne man einfach eine Ecke für Brennnesseln „frei halten“. Außerdem sollte man beim Gärtnern auf Gift verzichten: „Denn das unterscheidet nicht zwischen den Arten, die man haben, und denen, die man bekämpfen möchte“, mahnt der Experte. Wer die Idee mit den Brennnesseln im Blumenkübel nicht ganz so gut findet, kann den Faltern laut Schöpwinkel auch mittelbar helfen – indem er beim Einkauf Lebensmittel aus Biolandbau bevorzugt.