Washington. . Er ist Mormone, Rassist und Gesetzloser. Farmer Cliven Bundy weigert sich, Steuern zu zahlen. Dabei lässt er seine Rindviecher auf staatlichem Grund grasen. Zugleich baute der streitbare Mann eine berittene Privatarmee auf. Rechtskonservative Medien jubeln.
Cliven Bundy, 67, Mormone, Vater von 14 Kindern, repräsentiert einen Typus Bürger, der in den menschenleeren Weiten Amerikas verbreiteter ist, als man annehmen möchte: Weiße, ältere Männer, die in der x-ten Generation ihren Geschäften als Farmer nachgehen, die Regierung in Washington als Quell allen Übels betrachten und, wenn’s drauf ankommt, in John-Wayne-Manier mit der Waffe ihre Rechte verteidigen.
Oder das, was sie dafür halten. Über Kraftproben solcher Zeitgenossen mit der Staatsgewalt erfuhr die breite Öffentlichkeit bisher meist nichts. Bis Cliven Bundy kam. Das Fernsehen ist seit Tagen voll von ihm. Und seinen Tiraden.
Bundy, der notorische Nassauer
Für Washington ist Bundy ein notorischer Nassauer. Seit 20 Jahren lässt er in Bunkerville, 130 Kilometer nördlich von Las Vegas gelegen, seine Kühe auf staatlichen Weiden grasen. Ohne dafür wie 16.000 andere Farmer in den USA Gebühren zu zahlen.
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Cliven Bundy leitet sein Recht daraus ab, dass seine Vorfahren angeblich seit 1870 Wasserrechte besitzen. Lange bevor eine Zentralgewalt im fernen Washington überhaupt handlungsfähig gewesen sei. Nachweise aber fehlen.
Weil Appelle nicht fruchteten und die ausstehende Summe eine Million Dollar überstiegen hat, schickte die Bundesbehörde BLM jüngst mit automatischen Gewehren bewaffnete Ranger und Hunde nach Bunkerville. 400 Wiederkäuer sollten demonstrativ konfisziert werden. Womit die Staatsdiener nicht rechneten: Angestachelt vom Fernsehsender Fox, der nie weit ist, wenn Regierungsgegner und konservative Extremisten einen Resonanzboden suchen, hat Bundy eine Bürgermiliz aus obskuren Einzelgängern und berittenen Cowboys um sich geschart. Bis an die Zähne bewaffnet stand sie ihm bei einer live übertragenen Konfrontation mit der Ordnungsmacht zur Seite.
"Auftakt, um Amerika zurück zu erobern"
Für kurze Zeit, berichteten Reporter, schien eine wilde Schießerei nicht ausgeschlossen. Dann zogen sich die verhassten „Feds“, die Bundesbeamten, zurück und gaben ihre tierischen Geiseln frei. 1500 selbsternannte Patrioten feierten bei Hot-Dogs und Hamburgern mit Boss Bundy. So als hätten sie den Krieg gewonnen. „Das war nur der Auftakt, um Amerika zurück zu erobern“, sagte Shawna Cox, die eigens aus Utah in den Süden gefahren war.
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Um ihre Wiederwahl besorgte Lokalpolitiker, rechtspopulistische Radio-Kommentatoren und der radikale Tea-Party-Flügel der republikanischen Partei flanschten sich umgehend an die „Bundy-Bande“ an. „Das ist keine Anarchie, das ist eine nötige Form von zivilem Ungehorsam“, kam Honoratioren über die Lippen, die sonst Recht und Ordnung predigen. Für Bundy ein schwieriges Thema. Weder akzeptiert er den Staat als Steuereintreiber, so lässt er bei seinen Pressekonferenzen verlauten, noch „herrschende Gerichte“.
Rand Paul, ein möglicher republikanischer Präsidentschaftskandidat für 2016, erkannte das Potential: Mit Bundy als Symbol für amerikanische Freiheitsliebe tief im wilden Westen müsste doch zu punkten sein im bunten Milieu der Obama-Hasser. Heute bereut der Senator aus dem US-Staat Kentucky seine voreilige Ranschmeiße.
Der Gefeierte entpuppte sich als Rassist reinsten Wassers
Bei einer Rede unter freiem Himmel entpuppte sich Bundy in dieser Woche als Rassist reinsten Wassers. Afroamerikaner bezeichnete er abfällig als „Negros“. „Die treiben ihre Kinder ab, werfen ihre jungen Männer ins Gefängnis, da sie nie gelernt haben, wie man Baumwolle pflückt“, zitieren Zeitungen seine Ausfälle: Vielen Schwarzen in Amerika würde es heute wohl besser gehen, wenn die Sklaverei noch Bestand hätte.
Rand Paul und der Sender Fox ließen ihn fallen. Und die Bundesbehörde will Cliven Bundy nun auf „administrativer und juristischer Ebene“ zur Vernunft bringen. Die Kuh in Bunkerville, sie ist noch lange nicht vom Eis.