Washington/Miami.. Der Tod eines 17-jährigen Schwarzen im US-Staat Florida zeigt, dass der Rassismus in Amerika noch immer seinen unheilvollen Platz hat. Trayvon Martin wurde am 26. Februar in Orlando von einem weißen Wachmann erschossen, als er auf dem Heimweg war. Der Schütze ist auf freiem Fuß.
In wenigen Wochen jährt sich in Amerika, dem „Land der Freien“ und der „Heimat der Mutigen“, ein Tag der Schande zum 20. Mal. Als vier weiße Polizisten, die den Afro-Amerikaner Rodney King vor laufender Videokamera bei einer Fahrzeugkontrolle mit Gummiknüppeln gnadenlos krankenhausreif geprügelt hatten, im Gerichtsverfahren freigesprochen worden waren, brannte in Los Angeles im Frühjahr 1992 die Erde.
Rassenunruhen. Brandstiftungen. Plünderungen. Ganze Stadtteile verwüstet. Fast 60 Tote. Der damalige Präsident George Bush musste die Nationalgarde schicken, um den bürgerkriegsähnlichen Ausnahmezustand zu beenden. Soweit wird es in Sandford, einem kleinen Nest bei Orlando nach Lage der Dinge nicht kommen, auch wenn der Zorn unter der schwarzen Bevölkerung weit über Florida hinaus Tag für Tag spürbar zunimmt. Der Tod eines unbescholtenen 17-Jährigen Schwarzen, der auf dem Nachhauseweg offenbar der Paranoia eines weißen Wachmannes mit Hang zur Selbstjustiz zum Opfer fiel, hat den Rest-Glauben vieler Afro-Amerikaner an die Gerechtigkeit von Polizei und Justiz dramatisch erschüttert.
Protest
Ruf nach Gerechtigkeit - Million Unterschriften bei Petition
Ein Aufschrei geht seit Tagen durchs Land. Die Leserbriefspalten vieler Zeitungen sind voll davon. Fast eine Million Amerikaner haben eine Petition im Internet unterschrieben, die nach Gerechtigkeit ruft. Hunderttausende Eltern schwarzer Söhne und Töchter setzt die Ohnmacht zu, dass ihren Kindern genau das zustoßen kann, was Trayvon Martin geschehen ist.
Er starb nach allem, was man bisher weiß und annehmen darf, vor allem wegen seiner Hautfarbe. Weil er schwarz ist, wurde der Täter, ein zwiespältig beleumundeter Möchtegern-Polizist, überhaupt erst auf ihn aufmerksam. Dass er nach über drei Wochen immer noch auf freiem Fuß ist, unbehelligt von jeder Ermittlung, passt in das Bild eines Skandals, der ohne Waffengesetze, die tödliche Gewalt zum beliebigen Mittel der Gegenwehr erklären, kaum möglich gewesen wäre. Gesetze nach dem Motto „Erst schießen, dann fragen“ wohlgemerkt, die in fast 30 Bundesstaaten gelten.
Der nationale Aufruhr, in den sich einflussreiche schwarze Bürgerrechtler eingeklinkt haben und dem das FBI und das Justizministerium durch Präsenz die Spitze nehmen wollen, ist Ausdruck der Tatsache, dass Rassismus im amerikanischen Alltag trotz eines schwarzen Präsidenten im Weißen Haus wie vor 50 Jahren noch immer seinen unheilvollen Platz hat. Erst am Mittwoch wurde in Mississippi der 19-jährige Deryl Dedmon zu zweimal lebenslänglicher Haft verurteilt. Er hatte zuvor gestanden, aus blindem Hass auf Schwarze den 49 Jahre alten Craig Anderson erst windelweich geprügelt und dann mit dem Auto überfahren zu haben. Wie einen Hund.