Lichtenberg. Das Wiederaufnahmeverfahren im Fall Peggy hat mit Vorwürfen gegen Polizei und Staatsanwaltschaft begonnen. Der Anwalt des angeklagten Ulvi K., Michael Euler, warf der Sonderkommission vor dem Landgericht Bayreuth gravierende Pannen vor. Und mehr als das: Sein Mandant sei sogar gefoltert worden.
Im Wiederaufnahmeverfahren im Mordfall Peggy hat der Angeklagte Ulvi K. die Ermordung der Neunjährigen aus dem fränkischen Lichtenberg bestritten. Sein Mandant bestreite sowohl das Tötungsdelikt als auch den ebenfalls angeklagten sexuellen Missbrauch des Mädchens, sagte sein Verteidiger Michael Euler am Donnerstag vor dem Landgericht Hof. Sein geistig behinderter Mandant habe im ersten Verfahren nur unter dem massiven Druck der ermittelnden Polizeibeamten ein falsches Geständnis abgelegt.
K.s Anwalt erhob sogar den Vorwurf der Folter gegen die Ermittler: "Mein Mandant ist während der Vernehmung auch gefoltert worden", sagte Euler. Ein Polizist habe damals mit seinem Daumen in den Rücken des Angeklagten gedrückt und ihm Schmerzen zugefügt. Die Staatsanwältin Sandra Staade wies den Foltervorwurf zurück und warf ihrerseits Euler vor, sich im Ton vergriffen zu haben.
Einer der rätselhaftesten Kriminalfälle aller Zeiten
Der Fall Peggy ist einer der rätselhaftesten Kriminalfälle der vergangenen Jahrzehnte in Deutschland. Die Grundschülerin kehrte im Mai 2001 nicht von der Schule nach Hause zu ihrer Mutter zurück, sie ist seitdem spurlos verschwunden. Die Polizei geht von einem Mord an dem Mädchen aus.
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In einem ersten Prozess war 2004 der ebenfalls aus Lichtenberg stammende Ulvi K. vom Landgericht Hof wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Nach damaliger Überzeugung des Gerichts tötete Ulvi K. das Mädchen, weil dieses gedroht habe, ihrer Mutter von einer Vergewaltigung wenige Tage vorher zu berichten.
Ein Belatsungszeuge hatte gelogen
Das Verfahren wird neu aufgerollt, weil ein Belastungszeuge des ersten Prozesses eine Falschaussage gestanden hat. Außerdem sind Zweifel an einem für das Urteil maßgeblichen Gutachten aufgekommen sind. Der Gutachter hatte eines von mehreren Geständnissen von Ulvi K. als glaubwürdig eingestuft, obwohl dieser das Geständnis später widerrufen hatte.
Der Gutachter ging damals davon aus, dass die Ermittler keine Tathergangshypothese aufgestellt hatten und folglich K. keinen Tatablauf suggerieren konnten. Doch mittlerweile steht fest, dass es solch eine Tathergangshypothese gab und diese dem widerrufenen Geständnis ähnelt.
Euler sagte, sein Mandant sei "gut führbar wie verführbar" gewesen. Die Polizisten hätten ihn mit dem Versprechen zum falschen Geständnis gebracht, dass er dann nicht ins Gefängnis, sondern in ein Krankenhaus komme.
Der Angeklagte ist in der geschlossenen Psychiatrie
Der Verteidiger des inzwischen 36-jährigen K. will in der Neuauflage einen Freispruch für seinen Mandanten erreichen. K. musste seit seiner Verurteilung zu lebenslanger Haft seine Haftstrafe bislang noch nicht antreten. Er ist wegen sexueller Übergriffe auf Kinder in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht. (afp/dpa)