Yokohama. Die Erderwärmung wird drastische Auswirkungen haben, wenn der Mensch sie nicht stärker bremst als bisher - jetzt steht es schwarz auf weiß im neuen UN-Klimareports, dessen Zusammenfassung der Weltklimarat IPCC am Montag im japanischen Yokohama vorlegte. Noch geben die Daten aber Hoffnung.
Der vom Menschen verursachte Klimawandel hat schon jetzt schwerwiegende Auswirkungen auf alle Kontinente und Meere. Wie viel schlimmer es für Mensch und Natur noch wird, hängt vom künftigen Klimaschutz ab. Noch gebe es aber Möglichkeiten, sich relativ gut anzupassen. Das sind einige der Kernbotschaften des neuen Berichts, den der Weltklimarat IPCC am Montag im japanischen Yokohama vorgelegt hat.
"Niemand auf diesem Planeten bleibt von den Auswirkungen des Klimawandels unberührt", sagte der IPCC-Vorsitzende Rajendra Pachauri. "Wir bewegen uns auf schmalem Grat", betonte die Greenpeace-Klimaexpertin Kaisa Kosonen. "Aber wenn wir mutig handeln und die Treibhausgasemissionen schneller (als geplant) senken, können größere Bedrohungen für die menschliche Sicherheit noch vermieden und lebenswichtige Meeressysteme, Wälder und Arten geschützt werden."
Zwar gibt es dem Report zufolge für den Menschen noch Möglichkeiten, sich auf die Risiken infolge des globalen Klimawandels einzustellen. Eine Anpassung funktioniere aber nur, wenn die Erderwärmung deutlich gebremst werde. Sonst werde es schwierig, warnte Chris Field, Co-Vorsitzender der Arbeitsgruppe Zwei des Weltklimarats. "Selbst ernsthafte, fortgesetzte Investitionen in die Anpassung werden ihre Grenzen haben."
Auswirkungen des Klimawandels lassen sich überall beobachten
Ob in den Tropen oder an den Polen, auf kleinen Inseln oder großen Kontinenten, in reichen Ländern oder den ärmsten - schon jetzt lassen sich die Auswirkungen des Klimawandels überall beobachten. Gletscher in aller Welt schmelzen bereits, der Meeresspiegel steigt an, und viele Pflanzen und Tiere verlagern ihren Lebensraum oder sind bedroht.
Der Klimawandel beeinflusst auch die Versorgung mit Trinkwasser und Nahrung. "Der Bericht ist da und die Botschaft klar: Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Nahrungsversorgung sind schlimmer als zuvor geschätzt", sagte Tim Gore von der Hilfsorganisation Oxfam. Schon jetzt gibt es dem Report zufolge Beeinträchtigungen bei den Ernteerträgen von Weizen und Mais.
Erstmals habe der Weltklimarat anerkannt, dass eine Zunahme der Extremwetterlagen auch extreme Nahrungspreise bedeute, so Oxfam. "Ohne schnelle Taten bei der Anpassung und der Emissionsreduzierung könnte das Ziel, dass jeder genug zu essen hat, für immer verfehlt werden", warnte Gore. "Die politischen Lenker sollten sich die Frage stellen, ob ihre Generation diejenige sein soll, die das zulässt." Laut Report erhöht der Klimawandel indirekt auch das Risiko gewaltsamer Konflikte und verschärft die Flüchtlingsproblematik.
Klimabericht dient als Grundlage für Konferenzen
Field rief im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa zu einem intensiven Dialog über konkrete Wege für eine Anpassung auf den Klimawandel auf. Dieser sollte jedoch nicht nur zwischen der Wissenschaft und Politik erfolgen, sondern auch die Privatwirtschaft und andere gesellschaftliche Kräfte einbeziehen. "Was wir wirklich brauchen ist ein Forum, um die verschiedenen Gruppen zusammenzubringen". Es reiche nicht mehr, auf extreme Wetterbedingungen zu reagieren, die Welt müsse vielmehr "proaktiv" werden, um sich auf die Herausforderungen durch den Klimawandel einzustellen, sagte Field.
Nach tage- und nächtelangem Ringen hatten sich die Wissenschaftler mit Vertretern von Regierungen aus aller Welt in Yokohama auf eine fast 50-seitige Zusammenfassung des neuen, rund 2000 Seiten dicken zweiten Teil des Klimaberichtes geeinigt. Sie dient als Grundlage für Politiker und internationale Konferenzen. Bei der Einschätzung der Risiken mache es einen deutlichen Unterschied, ob der Mensch in einer Welt mit zwei Grad Erwärmung lebe oder mit vier. In einer um vier Grad erwärmten Welt seien die Risiken noch sehr viel höher.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland BUND forderte Tempolimits auf Autobahnen und Landstraßen einzuführen und den Energieverbrauch entscheidend zu verringern. Nötig sei zudem ein EU-weites Ziel, den CO2-Ausstoß bis 2030 um 60 Prozent zu vermindern.
Der dritte und letzte Teil des neuen Klimareports blickt auf die Möglichkeiten und Wege, die Erderwärmung zu bremsen. Er soll am 13. April in Berlin vorgestellt werden. Den ersten Teil über die wissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels hatte der IPCC bereits im September präsentiert. Der Weltklimarat hat fast 200 Mitgliedsländer. Die UN-Organisation mit Sitz in Genf erhielt 2007 für ihren Kampf gegen den Klimawandel den Friedensnobelpreis. (dpa)