Stockholm. Bis Ende des Jahrhunderts können die Temperaturen um ein bis fünf Grad steigen. Der Meeresspiegel kann bis zum Jahr 2100 um 80 Zentimeter ansteigen. Die Wissenschaftler sind sich fast absolut sicher: Schuld daran ist der Mensch. Ihren Weltklimabericht stellen sie am 27. September offiziell vor.

Das Ringen um den neuen Weltklimabericht hat begonnen. Bis Donnerstagnacht werden Vertreter von 195 Staaten und Wissenschaftler des Weltklima­rates IPCC in Stockholm Satz für Satz des etwa hundert Seiten starke Kurzfassung des Reports unter die Lupe nehmen. Am Freitag soll das Dokument verabschiedet und veröffentlicht werden. Insgesamt wird allein der erste von drei Teilen des Berichts rund 2000 Seiten umfassen. Teil zwei und drei folgen Anfang 2014.

Wissenschaftler aus aller Welt haben in jahrelanger Arbeit ihre Prognosen und Modellrechnungen in ein Papier gegossen, das der Menschheit erneut die Folgen und Ursachen der Erderwärmung vor Augen führen wird. Schon vor der offiziellen Präsentation am 27. September in Stockholm sind einige Details an die Öffentlichkeit gelangt. Bei etwa 800 externen Gutachtern, Tausenden beteiligten Forschern und Politikern scheint es unmöglich, die Fakten bis zum festgesetzten Termin unter der Decke zu halten.

Der Mensch ist verantwortlich für die Erderwärmung

Demnach geht der Bericht anhand neuer Klimasimulationen nun mit fast absoluter Sicherheit davon aus, dass die Menschheit für die Erwärmung der Erde verantwortlich ist. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte sich die Temperatur um ein bis fünf Grad aufheizen, je nach dem, wie sich der Treibhausgas-Ausstoß von Autos, Kraftwerken und Heizungen in dieser Zeit entwickelt.

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Die letzte globale Bestandsaufnahme der Klima-Entwicklung hatte 2007 für äußerst hitzige Debatten gesorgt und die Öffentlichkeit in Skeptiker und Überzeugte gespalten. Der neue Bericht trifft nun auf ein vorbereitetes Publikum – denn an die schleichende Katastrophe hat man sich irgendwie gewöhnt.

Früherer Uno-Klimachef glaubt an heftige Reaktionen auf Weltklimabericht

Dennoch glaubt der frühere Uno-Klimachef Yvo de Boer wieder an ein heftiges Echo. Auch der Weltklimabericht werde "jeden zu Tode erschrecken", zitierte der Spiegel de Boer. Er sei "zuversichtlich, dass die Ergebnisse neuen politischen Schwung erzeugen werden".

Der Entwurf listet folgende Kernpunkte auf:

Die "Klimasensivität", ein wichtiger Parameter zur Wirksamkeit von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre, wird in dem Report leicht nach unten korrigiert, die Prognosen zum Temperaturanstieg fallen daher etwas niedriger aus. Bei einer Verdoppelung des CO2-Ausstoßes gilt ein Anstieg der Erwärmung um 1,5 bis 4,5 Grad als realistisch.

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Die Wahrscheinlichkeit, dass der Mensch seine Finger im Spiel habe, beziffern die Forscher nun mit 95 Prozent. 2007 war die Angabe 90 Prozent. Die nun fast absolute Sicherheit begründen die Klimaforscher mit feineren Berechnungsmethoden, die in den vergangenen Jahren entwickelt wurden.

Und weiter: Die Meeresspiegel könnten bis zum Jahr 2100 um etwa 80 Zentimeter steigen, das Schmelzen der großen Gletscher und Eisschilde werde sich beschleunigen. Extreme Wetterereignisse wie Hurrikane, Hitzewellen und Starkregen werden zunehmen.

Streit um Pause bei der Erderwärmung

Streit unter den Wissenschaftlern gibt es derzeit um eine angebliche Pause der Erderwärmung. Seit Ende der 90er-Jahre sei die mittlere Erdtemperatur nicht wie erwartet gestiegen.

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Einige Forscher bezweifeln dies und verweisen ihrerseits auf ein langfristiges Ansteigen der Klimakurve, woran kurzfristige Ereignisse wenig änderten. Kürzlich präsentierten Wissenschaftler eine Lösung des Rätsels. Dass der Klimawandel stocke, liege nicht etwa an einem schwächelnden Treibhauseffekt – der setze sich fort –, sondern habe natürlichen Ursachen.

Meeresforscher lösen das Rätsel

Kühleres Pazifikwasser sei verantwortlich dafür, dass sich die Luft nicht wie erwartet erwärmt habe, ergaben Studien deutscher Meeresforscher. Was zuerst wie ein Trick der Klimamahner erscheinen mag, ist im Grunde solide Wissenschaft: Die obersten Meeresschichten der Ozeane schlucken 90 Prozent der Wärme. Schwankungen der Meeresströmungen können die Witterung ändern. Ursache sind regelmäßige Wetterphänomene wie El Nino.

Dadurch können sich aber auch abrupte Erwärmungsphasen einstellen, wenn das Wasser seine Energie wieder an die Luft abgibt. Dieses Phänomen wurde etwa in den 70er-Jahren registriert. Warum das so ist und wie das Zusammenspiel zwischen Ozeanen und Luft im Detail abläuft, ist noch unklar.

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Fragen in der Klimaforschung bleiben offen

Trotz immer besserer Analysemethoden, Modellrechnungen und Supercomputern – immer noch bewegen also zahlreiche Unsicherheitsfaktoren und offene Fragen die Klimaforschung, obwohl der allgemeine Trend zur globalen Erwärmung kaum noch umstritten ist.

Wer daher klare und letztgültige Antworten verlangt, wird immer wieder enttäuscht werden, was wiederum den Streit zwischen den Gruppen befeuert. Anlass dazu wird der neue Weltklimabericht sicher wieder in Fülle bieten.