Islamabad. . Der indische Guru Ashutosh Maharaj ist nicht tot, er meditiert nur - sagen indische Gläubige. Sie sind überzeugt, dass der Guru wiederkehrt – doch Ärzte bezweifeln das. Sie haben ihn Ende Januar für klinisch tot erklärt. Der Tageszeitung „Indian Express“ blieb nur eine Schlussfolgerung: Statt „Ruhe in Frieden“ wünschte sie dem Gottesmann „Ruhe in der Truhe“.

Philosophen wie Karl Jaspers haben sich viele Gedanken über das Meditieren gemacht und keine treffende Beschreibung gefunden. In dem nordindischen Dörfchen Nurmahal hilft der 70 bis 80-jährige Ashutosh Maharaj bereits seit dem 29. Januar aus dem Dilemma. Er verbringt seine fortgeschrittene Form der tiefen, Samadhi genannten Meditation in einer etwa ein Meter breiten und knapp über zweiter Meter lange Kiste. Das verlautet aus der von ihm geführten Sekte „Divya Jyoti Jagriti Sansthan“ (DJJS).

Normale Menschen würden das Behältnis schlicht als Tiefkühltruhe beschreiben. Ärzte stellten schon vor Wochen fest, dass der indische Gottesmann mangels Pulsschlag, Gehirnaktivitäten und ähnliche Lebenszeichen sich eher im Zustand des klinischen Tods befindet. Doch das stört seine Anhänger in dem von der zuständigen Bundesstaatsregierung des Punjab dem Guru zu Ehren gegründeten Dorf Divya Gram ebenso wenig wie die grünlich-graue Farbe, die der Körper des Gottesmanns angenommen hatte, bevor er in die Gefriertruhe verfrachtet wurde. „Wo die Wissenschaft endet“, fertigt Lakhwinder Singh Zweifler ab, „beginnt Meditation. Wenn wir unsere Augen schließen, können wir mit dem Maharaj sprechen und er hat uns versichert, dass er bald wiederkehren wird.“

Ärzte halten ihn für tot, seine Anhänger für lebendig: Ashutosh Maharaj
Ärzte halten ihn für tot, seine Anhänger für lebendig: Ashutosh Maharaj © HO

Es gibt Tausende, wenn nicht gar Hunderttausende von indischen Gottesmännern und Gurus, die teilweise Millionen von Anhängern um sich geschart haben. Manche halten seit Jahrzehnten einen Arm hoch. Andere verharren schweigend in der gleichen Postion. Gemeinsam ist allen Sekten und Gurus: Sie versammeln nicht nur eine unerschütterlich treue Schar von Gläubigen um sich. Sie häufen auch kräftig Wohlstand an. Maharajs Sekte bringt es immerhin auf 110 Zentren samt Grundbesitz in Indien. Alleine das Grundstück der „Dera“, so der Name der Sektenzentrale im Punjab, ist Millionen Wert. Das gesamte Vermögen der Sekte soll sich laut der Tageszeitung „Indian Express“ auf satte 180 Millionen Euro belaufen.

Es geht ums Geld

Um diesen Wohlstand aber wäre es geschehen, wenn vor dem Tod von Gottesmann Ashutosh Maharaj kein Nachfolger ernannt würde. Das Geld droht an eine Stiftung zu fallen, die vom indischen Staat eigens für solche Fälle eingerichtet wurde. Offenbar versäumte der Guru, der sich am 29. Januar nach heftigen Schmerzen in der Brust, von irdischen Ärzten populär auch Herzversagen genannt, zum Samadhi niederlegte, bislang die Ernennung eines Erbes.

Die über die Tiefkühltruhe wachenden, verbliebenen Führer der Sekte beeilten sich vorsorglich mit der Verlautbarung: „Nur Ashutosh Maharaj kann einen Nachfolger ernennen, wenn er wieder erwacht.“ Böse Zungen behaupten, drei verbleibenden Sektenchefs hätten sich auf diese Sprachregelung festgelegt, weil sie Zeit für ihren Diadochenkampf benötigen. Denn angeblich bekriegen sich die drei im Schatten der Tiefkühltruhe bis aufs Blut um die Nachfolge.

Personenschützer vor der Kiste

Zum Glück des Trios spielen die Behörden des Bundesstaats bei der Posse um den Guru mit. Maharaj genoss Personenschutz der höchsten Sicherheitsstufe „ Z“, weil einige Untergrundgruppen ihm nicht wohlgesonnen sind. Der Grund: Maharaj tauchte erstmals als Religionsführer auf, als Sikh-Nationalisten zum bewaffneten Kampf gegen Delhi mobilisierten.

Mag sein, dass nun auch einige Provinzpolitiker Hoffnung auf die Schatzkammer hegen. Die Personenschützer schieben weiter Wache rund um die Kiste. Die Begründung der Behörden, die nichts von Maharajs Ableben wissen wollen: „Das ist eine Sache des Glaubens und da können wir uns nicht einmischen.“ Der Tageszeitung „Indian Express“ blieb nur eine Schlussfolgerung: Statt „Ruhe in Frieden“ wünschte sie dem Gottesmann „Ruhe in der Truhe“.