Mainz. . „Die Flut ist pünktlich“ ist so inszeniert wie der „Tatort“ auf Langeoog. Doch der hochkarätig besetzte ZDF-Film bietet weit mehr als einen Krimi: nämlich eine faszinierende Beziehungsgeschichte. Regisseur Thomas Berger lässt eher Blicke als Worte sprechen.
Der Krimi-Samstag ist vorbei, der „Tatort“-Sonntag auch, und es gibt schon wieder einen Toten. Aber diese Geschichte, deren Bilder so sehr erinnern an den NDR-Film „Mord auf Langeoog“ vom November, ist kein Kriminalroman im Film, obwohl die Leiche im Watt liegt und eine Polizistin (Bernadette Heerwagen) ermittelt. Mit „Die Flut ist pünktlich“ (ZDF, Montag, 20.15 Uhr) zeigt der Sender die erste von drei nunmehr verfilmten Erzählungen von Siegfried Lenz.
Eine tiefsinnige, berührende Geschichte ist das, und für eine Erzählung, die der Schriftsteller einst dialogisch angelegt hat, erstaunlich wortkarg. Regisseur Thomas Berger lässt den Seewind sprechen, das Dünengras, viele Geigen und die Mienen der Schauspieler. Und deren Kunst spricht Bände: Ina Weisse, August Zirner, Jürgen Vogel, Nicolette Krebitz sind auf der Insel versammelt, verbunden und doch getrennt durch eine Menage à trois, durch Schweigen, Schuld, Lügen, Missverständnisse. Ein Beziehungsdrama.
Gefesselt von der Kraft der Gedanken
Eine starre Kamera mit Blick für nur eine einzelne Düne, das Meer und die reetgedeckten Häuser dreier Beteiligter nimmt die Handlung auf: wie Alexander, der Hamburger Arzt, in der aufkommenden Flut ertrinkt. Wie seine Frau, die kühle Hanseatin Bettina, die Nachricht aufnimmt. Wie die junge Polizistin Maike, der Familie von Kindesbeinen an verbunden, dahinter mehr und mehr entdeckt. Die Krankheit Alexanders. Das Verhältnis Bettinas mit Tom. Dessen kriselnde Ehe mit Ulrike. Und welche Rolle spielt eigentlich die Arzttochter Mia?
Weil dies trotzdem kein Krimi ist, wird am Ende auch niemand verhaftet. Allenfalls gefesselt von der Kraft der Gedanken, die in der Stille der Bilder aufkommen. Dieser Lenz ist mal was anderes im deutschen Fernsehen. Apropos: Dessen „Deutschstunde“ kommt auch noch.