Essen. Atemnot, Abgeschlagenheit und Flüssigkeits-Einlagerungen in Beinen und Armen können Anzeichen für eine Herzschwäche sein. Was sind die Ursachen? Und welche Therapie-Möglichkeiten gibt es? Die wichtigsten Fragen der Leser und die Antworten der Experten.
Zwei bis drei Millionen Menschen in Deutschland leiden, so Schätzungen, an einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz). Atemnot, eine allgemeine Leistungsschwäche und Flüssigkeits-Einlagerungen (Ödeme) in den Beinen und Knöcheln sind hierfür Warnzeichen, die von den Betroffenen, aber auch von Ärzten, oft nicht ausreichend beachtet oder nicht richtig gedeutet werden.
Am Gesundheitstelefon unserer Zeitung haben vier Herz-Spezialisten Leser darüber informiert, welche Risikofaktoren es für eine Herzschwäche gibt und wie diese behandelt werden kann: Prof. Thomas Budde, Direktor der Klinik für Innere Medizin I und Kardiologie am Alfried Krupp Krankenhaus Essen; Prof. Hans-Joachim Trappe, Kardiologe und Direktor der Medizinischen Universitäts-Klinik II Marienhospital Herne; Prof. Herbert Vetter, Direktor der Klinik für Herzchirurgie, Helios Klinikum Wuppertal/Herzzentrum Wuppertal und Dr. Andreas Kleemann, niedergelassener Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, mit einer Praxis in Ratingen.
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Was passiert bei einer chronischen Herzschwäche?
Das Herz ist nicht mehr in der Lage, den Körper ausreichend mit Blut und damit mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Nicht nur das Herz, auch andere Organe wie Nieren, Muskeln oder das Gehirn werden in Mitleidenschaft gezogen. Die Folge: Es kommt zu Beschwerden wie etwa Atemnot.
Beispiel: Wenn man eine Treppe hinaufsteigt, geht einem die Luft aus. Betroffene fühlen sich auch häufig müde und abgeschlagen. Außerdem kann es zu Flüssigkeits-Einlagerungen in den Beinen – besonders den Unterschenkeln – und den Knöcheln kommen. Diese Ödeme erkennt man daran, dass ein Druck mit dem Finger erst einmal hartnäckige Dellen in dem geschwollenen Bereich hinterlässt, die erst nach wenigen Minuten wieder völlig weg sind.
Mein Hausarzt nahm meine Beschwerden nicht ernst. Später wurde eine Herzschwäche festgestellt.
Ein großes Problem! Häufig gehen Patienten selbst, aber auch Ärzte, gesundheitlichen Beschwerden nicht auf den Grund, die auf eine Herzschwäche hindeuten können. Diese Probleme werden dann etwa auf das Alter des Patienten geschoben. Was fatal ist, denn im fortgeschrittenen Stadium kann eine Herzschwäche zu massiven gesundheitlichen Beschwerden führen und lebensbedrohlich werden.
50 000 Menschen sterben jährlich an Herzschwäche
Zwei bis drei Millionen Menschen leiden laut Statistik an einer Herzinsuffizienz, einer Herzschwäche.
50 000 Menschen sterben jährlich daran. Um auf diese Zahlen aufmerksam zu machen, haben Klinikum Niederberg und Deutsche Herzstiftung zum vierten Mal zu einem Info-Tag ins Forum Niederberg eingeladen.
Was sind die Ursachen für eine Herzschwäche?
In etwa 70 Prozent der Fälle entwickelt sich diese aus einer koronaren Herzkrankheit und hohem Blutdruck. Von einer koronaren Herzkrankheit spricht man, wenn die Herzkranzgefäße (Koronararterien) krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage sind, den Herzmuskel mit ausreichenden Mengen an sauerstoffreichem Blut zu versorgen. Auch defekte Herzklappen, angeborene Herzfehler, entzündliche Herzkrankheiten, eine Herzmuskel-Entzündung, können Ursachen einer Herzschwäche sein. Ebenso ein Alkohol-, Drogen- oder Medikamenten-Missbrauch.
Was sind Warnsignale für eine Herzschwäche?
Kurzatmigkeit, Atemnot. Wassereinlagerungen in der Lunge zeigen, dass die linke Herzkammer erkrankt ist, nicht mehr ausreichend pumpt. Wassereinlagerungen, vor allem in den Unterschenkeln und den dortigen Gelenken im Bereich der Knöchel. Körperflüssigkeit kann sich auch in der Bauchhöhle stauen oder zwischen Rippenfell und Lunge die Entfaltung der Lunge und damit das Atmen behindern.
Ein weiteres Anzeichen ist eine Erweiterung der großen Halsvenen, vor allem im Liegen. Dies zeigt, dass die rechte Herzkammer nicht mehr genug verbrauchtes Blut aufnehmen und weiterpumpen kann. Besteht auch nur der geringste Verdacht auf eine Herzschwäche, sollte der Hausarzt den Patienten an einen Kardiologen überweisen. Es kommt leider immer wieder vor, dass dies unterbleibt oder zu spät erfolgt. Unbehandelt hat die Herzschwäche die Tendenz, weiter fortzuschreiten. Ziel einer Therapie ist es, die Verschlechterung der Krankheit aufzuhalten oder sie mindestens zu verlangsamen.
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Mit welchen Untersuchungen kann man feststellen, ob jemand eine Herzschwäche hat?
Die beste Beurteilung des Herzens und der Herzfunktion ermöglicht eine Ultraschall-Untersuchung (Echokardiographie). Im EKG kann der Arzt ebenfalls eine Vergrößerung der linken Herzkammer oder eine Verdickung des Herzmuskels feststellen. Ein Belastungs-EKG zeigt, wie es um die körperliche Belastbarkeit steht. Manchmal ist eine Röntgenaufnahme des Brustkorbes nötig. Mit dieser kann man auch Flüssigkeits-Einlagerungen in der Lunge sehen. Bisweilen ist eine Herzkatheter-Untersuchung angezeigt. Bei den Labor-Untersuchungen ist ein Eiweißhormon interessant: NT-proBNP. Es wird bei einer Erhöhung der Wandspannung des Herzens, ein Zeichen für seine Überlastung, vermehrt freigesetzt.
Welche Therapie-Möglichkeiten gibt es bei einer Herzschwäche?
Erstens: Die Behandlung der Ursachen. Das kann etwa die richtige Einstellung eines Bluthochdrucks sein, aber auch eine Operation defekter Herzklappen. Wichtig: Bei einer medikamentösen Behandlung mit ACE-Hemmern, sogenannten Sartanen, Aldosteronantagonisten, Diuretika und Digitalis müssen der Kaliumspiegel im Blut und die Nierenfunktion regelmäßig kontrolliert werden, um schwere Nebenwirkungen zu verhindern. Kontrollen sind notwendig vor Beginn der Therapie, vor jeder Dosis-Änderung, vier Wochen danach und dann immer vierteljährlich.
Ich habe eine Herzschwäche. Der Arzt hat mir zu Bewegung geraten.
Das ist wichtig. Allerdings muss mit dem Hausarzt/Kardiologen die Belastbarkeit besprochen werden. Bei einer Herzschwäche zu empfehlen sind: Spazierengehen, Wandern, Nordic Walking, Radfahren. Aber: Bei einer entzündlichen Herzerkrankung ist Sport absolut tabu! Dies kann sonst das Herz so schädigen, dass eine Herztransplantation notwendig wird. Daher: Vor einem körperlichen Training immer Rücksprache mit dem Arzt halten!
Ich habe eine Herzschwäche und Wassereinlagerungen in den Beinen. Mein Arzt sagt, ich soll täglich mein Gewicht kontrollieren.
Ja. Die Ergebnisse sollte man sich täglich in ein Heft notieren. Ebenso die Blutdruck- und Puls-Werte. Wichtig: Steigt das Gewicht um mehr als zwei Kilo in drei Tagen, hat sich die Herzschwäche möglicherweise verschlechtert. Dann muss man sofort zum behandelnden Arzt oder am Abend, nachts oder am Wochenende in die Notfall-Ambulanz einer Klinik gehen. Bei einer Herzschwäche ist es auch wichtig, zurückhaltend mit Salz zu sein und nicht mehr als zwei Liter Flüssigkeit täglich zu trinken. Bei einer fortgeschrittenen Herzschwäche sogar nicht mehr als 1,5 Liter – um das Herz zu entlasten.
Wichtige Ratgeber der Deutschen Herzstiftung
Wichtige Informationen zu Fragen rund ums Thema Herz bietet die Deutsche Herzstiftung e. V. Die Patientenorganisation hat ihren Sitz in 60322 Frankfurt/Main, Vogtstr. 50. E-Mail: info@herzstiftung.de; 069/955 1280. Hier kann man kostenloses Infomaterial rund ums Thema Herz bestellen.
Für Menschen mit Herzschwäche bietet die Patientenorganisation den Ratgeber „Das schwache Herz – Diagnose und Therapie der Herzinsuffizienz heute“ an. Herz-Experten informieren darin über Diagnose- und Therapie-Verfahren und Möglichkeiten der Vorbeugung.
Den Band (160 S.) bekommt man gegen Einsendung von drei Euro in Briefmarken (Versand) unter der postalischen Adresse der Herzstiftung. Er kann auch im Netz bestellt werden: www.herzstiftung.de/herzschwaeche-therapie
Bestellt werden kann auch ein Herztagebuch. Dieses soll helfen, einem lebensbedrohlichen Verlauf der Herzschwäche vorzubeugen. In dem Tagebuch werden täglich der Verlauf der Krankheit sowie die Beschwerden auf Basis von Werten wie Körpergewicht, Blutdruck und Puls notiert, um diese Werte dann mit dem Arzt besprechen zu können. Das Tagebuch bekommt man gegen Einsendung von 1,45 Euro in Briefmarken (Versand) bei der Herzstiftung oder unter: www.herzstiftung.de/Herztagebuch.html
Unter www.herzstiftung.de/herzwochen.html findet man Informationen rund ums Thema Herzschwäche, sowie Veranstaltungen, die man hierzu noch im November deutschlandweit besuchen kann. Informationen und viele wertvolle Tipps zu jeder Herzkrankheit findet man unter: www.herzstiftung.de
Immer am 1. Mittwoch eines Monats bietet die Herzstiftung von 18 bis 20 Uhr eine Sprechstunde mit Herzspezialisten an: 069/955 128 200