Hamburg. . Der Schotte Iain Glen ist der Mann für alle Fälle. Er brilliert in „Game of Thrones“, auch in „Borgia“ lieferte er einen sehenswerten Auftritt hin, jetzt gibt er im ZDF mit „Jack Taylor“ einen versoffenen Privatdetektiv.

Iain Glen ist ein Mann für alle Fälle. In der britischen Historien-Serie „Downton Abbey“ spielte er einen eiskalten Verleger, und auf der Londoner Bühne klimperte er im „Blue Room“ Nicole Kidman ein Lied auf dem Klavier vor. Splitterfasernackt. Im „Game of Thrones“ gibt er den Ser Jorah Mormont, Herr der Nördlichen Bäreninsel, und für die Royal Shakespeare Company verkörperte er einen fulminanten Macbeth.

Kontrastprogramm umschreibt also nur unzureichend die Vielfältigkeit eines 51-jährigen Schotten, der ab dem 27. Oktober einen kultigen Sendeplatz des ZDF belegt: Am Sonntagabend um 22 Uhr, wo sonst der nette Inspektor Barnaby der Oma die geklaute Handtasche wiederbringt, zieht in Zukunft der versoffene Detektiv „Jack Taylor“ tote Mädchen aus dem Fluss, gern auch in Serie.

Iain Glen assistierte Angelina Jolie im Tom-Raider-Streifen

Dass der Mann aus Edinburgh zwischendurch auch mal Regie führt und etwa ein Ibsen-Stück auf die Bühne im Londoner Westend bringt oder Angelina Jolie im Hollywood-Streifen „Lara Croft: Tomb Raider“ assistiert und für seine Rolle im „Silent ­Scream – Schrei in der Nacht“ bereits 1990 den Silbernen Bären in Berlin abräumte, sei nur am Rande erwähnt.

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Bei der Interviewrunde in Hamburg zur Vorbereitung der ZDF-Serie ging es erst einmal um diesen Jack Taylor, der seinen Job bei der Polizei im irischen Galway verliert, weil er einem korrupten Minister aufs Maul haut. So weit raus trauen sich nicht einmal unsere depressiven „Tatort“-Kommissare, aber ansonsten könnte dieser Jack Taylor ohne Weiteres auch beim Casting etwa in Dortmund bestehen.

Das Drehbuch ertrinkt in pseudo-psychologischen Dialogen

Taylor säuft zum Erbarmen, wird nach durchzechten Nächten in ungemütlichen Kneipen vom Priester heim zur ungeliebten Mutter geschleppt und schlurft in den wenigen wachen Momenten mit Stoppelbart und blutunterlaufenen Augen durch ein Galway, das sich hier erheblich vom Prospekt des irischen Fremdenverkehrsverbandes unterscheidet.

Der erste Fall „Der Ex-Bulle“ unterscheidet sich aber leider auch deutlich vom gewohnten Niveau britischer Krimi-Ware. „Channel 5“, der Lieferant der ZDF-Serie, ist nun mal nicht die gute alte BBC, und so wird das konfuse Drehbuch von pseudo-psychologischen Dialogen endgültig ertränkt.

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Allein Iain Glen bewegt sich wie immer auf hohem Niveau, er schätzt diese Rolle. Einer wie Jack Taylor würde ihm gefallen, erzählt er in seinem weichen schottischen Akzent, auch wenn er selbst kein Bier trinkt und wenn überhaupt dann höchstens mal am Chardonnay nippt.

Der Ex-Bulle sei ein Mann mit Moral, der die Leiden der Gesellschaft im Alleingang zu heilen suche, strahle latente Gefahr aus und sei daher ein Liebling der Frauen. Na ja. Taylors Welt, ein kleines Zimmer in einer schäbigen Pension, ist allerdings Lichtjahre entfernt vom Ballsaal des „Downton Abbey“, in dem Glen als befrackter Sir Richard Carlisle der Tochter des Lords den Hof macht, aber solch kühne Sprünge reizten Iain Glen schon immer.

Immer für einen Scherz zu haben

Besonders lustig geht es im aktuellen Glen-Programm nicht zu, sei es „Game of Thrones“, „Downton Abbey“ und schon gar nicht „Jack Taylor“, dabei war der Schotte immer für einen Scherz zu haben. Die ersten Schauspielerfahrungen sammelte er mit Freunden im heimatlichen Edinburgh, etwa als vermeintliche Leiche, die plötzlich aus dem Herbstlaub sprang und arme Passanten zu Tode erschreckte. In einer Pseudo-Talkshow der BBC schlüpfte er später in seltsame Rollen, etwa als Straßenräuber oder als Hersteller eines neuartigen Klebstoffes, den Kinder angeblich gefahrlos schnüffeln dürfen. Muss man schon mögen, diesen Humor.

Macbeth, nackter Kidman-Partner oder besoffener Ire, was bleibt da noch übrig? Der ultimative Rockstar natürlich: „Einmal als Mick Jagger auf die Bühne zu gehen – das wäre brillant!“