Harthausen. . Der Knall war weithin zu hören, bis nach Speyer, Ludwigshafen, Mannheim. Ursache: Auf dem Gelände einer Gas-Firma im pfälzischen Harthausen gab es am Wochenende eine Explosion. Sie ging glimpflich aus – auch wenn 16 Feuerwehrleute zum Teil schwer verletzt wurden.

Am Sonntagnachmittag darf Harthausen wieder nach Hause. Die Evakuierten, die Ausgesperrten und die Fortgefahrenen kommen zurück in ihren Ort, der anderthalb Tage ein Geisterdorf war. Leere Straßen und beschädigte Fassaden; in manchen Wohnungen steht noch das Frühstück auf dem Tisch, das am Samstagmorgen niemand mehr aß, und Fernseher laufen, in die niemand schaute. 30 Stunden, je nachdem, hatten die Menschen nicht nach Hause gedurft. Endlich!

Sonntag, 13.30 Uhr. Es ist die Stunde der Heimkehr und der Beginn einer Kehrwoche, wie der Ort sie noch nicht erlebte. Er ist jetzt schwerbeschädigt. Nach einer Gasexplosion.

Kurz nach fünf Uhr war es, dunkelster Samstagmorgen noch, da wird praktisch die halbe Pfalz von einem schweren Donnerschlag geweckt. Er weckt Leute in Speyer und in Schifferstadt, weckt in Ludwigshafen und in Mannheim, doch geknallt hat es hier, in Harthausen: bis zu 30 Kilometer entfernt von den Städten.

Vor einer Stunde hatte sich die Feuerwehr aus Dudenhofen herbeieilt, weil ein Lkw brennt auf dem Gelände einer Gashandelsfirma, und jetzt, während die Männer löschen, greifen die Flammen nach einem Gas-Tank. Er explodiert kurz nach fünf, daher der Donnerschlag; die Druckwelle der Explosion wirft einen weiteren gefüllten Flüssiggas-Tank 400 Meter weit über die Straße nach Hanhofen in ein Feld, ein dritter Tank landet gar 700 Meter weiter in einer Lagerhalle neben einem Wohnhaus.

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Alles ist bereitet für eine Katastrophe. Doch es wird glimpflich enden.

„Ich muss das eine Katastrophe nennen“, sagt der Bürgermeister

Die es erlebten, denken „an einen Flugzeugabsturz“ oder sprechen später von „Feuer wie eine Wand“. „Ich habe einen großen Feuerball gesehen“, sagt Sarah Brouczek (21). Eine Frau sagt: „Wir sind nur noch gerannt.“ Andere schrecken auf, legen sich aber auch wieder hin; als am späteren Samstagmorgen der Krisenstab entscheidet, alle Harthausener zu evakuieren, weil die Tanks explodieren könnten, da sind noch immer viele Menschen in ihren Häusern.

16 Feuerwehrmänner verletzt, 13 davon schwerer: Sie haben Verbrennungen und verletzte Atemwege. 60 Häuser beschädigt, einige zerstört. 3000 Menschen evakuiert. „Ich muss das eine Katastrophe nennen“, sagt Bürgermeister Harald Löffler, der eigentlich im Urlaub ist. Die meisten Menschen kommen bei Freunden und Verwandten unter, andere ziehen in die eilig geöffnete Turnhalle im Nachbarort; Kaffee und Suppe gibt es da, belegte Brötchen und Notfallseelsorger, die aber kaum jemand in Anspruch nimmt.

Firmengelände bleibt zunächst gesperrt

„Bei allem Unglück hat Harthausen noch Glück gehabt“, wird Clemens Körner später sagen, der Landrat. Denn noch liegen ja die beiden Gas-Tanks in der Gegend wie gefährliche Blindgänger, während aus dem dritten, dem explodierten, meterhoch die Flammen schlagen. Längst hat die Werksfeuerwehr von BASF aus Ludwigshafen hier das Heft in die Hand genommen; den Samstag und die Samstagnacht und den halbe Sonntag braucht sie noch, um die Tanks abzukühlen und das Gas, das austritt, kontrolliert abzuflämmen.

Solange kommt kein Mensch in den Ort zurück, selbst der Krisenstab hat sich am äußersten Rand eingerichtet, auf dem Parkplatz eines Supermarktes. Harthausen hinter Flatterband, nur einige Polizeiwagen patrouillieren, sollen Einbrecher oder Plünderer abschrecken angesichts von Scheiben, die einladend zersprungen sind, und Türen, die es aus den Rahmen riss.

Dann, Sonntagmittag, dürfen die Leute wieder in die Häuser. Die Gefahr ist vorüber, die Messungen entwarnen. Nur das Firmengelände, wo alles begann mit einem Lastwagen in Flammen, bleibt zunächst gesperrt. Denn Brandexperten suchen Spuren. Ob das umhergehende Wort von der „Brandstiftung“ mehr ist als nur ein Gerücht, muss sich erst noch zeigen.