Berlin. . Wegen der Niedrigzinsen ist die Zahl der Neuabschlüsse von Lebensversicherungen drastisch geschrumpft. Die Versicherer bieten neue Produkte an. Verbraucherschützer aber raten von Policen ohne Garantiezins ab. Auf was Anleger achten sollten.
Von den Zentralbankern haben die Sparer in Deutschland keine Hilfe zu erwarten. Die Zinsen bleiben vorerst niedrig. Einfache Geldanlagen wie Tagesgeld oder das Sparbuch werfen nicht einmal so viel ab, dass die Preissteigerungsrate ausgeglichen wird. Den Effekt werden die Anleger spüren, wenn sie ihr Erspartes einmal ausgeben wollen: Es ist dann weniger wert.
Auch des Deutschen liebstes Kind, die Kapitallebensversicherung, ist von der Entwicklung betroffen. 90 Millionen Verträge liegen in den Schubladen der privaten Haushalte. Mittlerweile ist der garantierte Zins auf mickrige 1,75 Prozent abgesenkt worden. Zwar kommt dazu noch eine Beteiligung an den Überschüssen. Doch fällt es den Unternehmen immer schwerer, höhere Erträge zu erwirtschaften. Denn für sichere Geldanlagen gibt es zurzeit keine Rendite.
Das Problem
Es lohnt sich momentan nicht, einen neuen Vertrag nach altem Muster mit Garantiezins und Überschussbeteiligung abzuschließen. Das macht sich in den Zahlen der Branche auch deutlich bemerkbar. 1995, als die Erträge der Lebensversicherung noch steuerfrei blieben, verzeichneten die Anbieter noch 2,8 Millionen neue Verträge. 2012 waren es gerade noch 528 000.
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Die Versicherungen stehen noch vor einem zweiten Problem. Die Altverträge wurden mit Garantiezinsen von bis zu vier Prozent abgeschlossen. Diese Rendite müssen die Unternehmen vielen Kunden heute noch gutschreiben – oft ohne, dass sie dies aus den Erträgen noch decken können. Da bleibt für neue Verträge noch weniger Beteiligung an den Überschüssen übrig. Diese Entwicklung wäre der Tod der Lebensversicherung.
Deshalb sucht die Branche nach neuen Angeboten, mit denen sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen können. Sie wollen einerseits fortkommen von den Garantiezinsen, um den Unwägbarkeiten der Finanzmärkte zu begegnen. Andererseits sollen die Kunden trotzdem die Chance auf eine gute Verzinsung erhalten. Mit der Allianz und der Ergo haben nun zwei große Versicherungen zum Befreiungsschlag ausgeholt und neue Angebote ohne Zinsgarantie auf den Markt gebracht.
Die neuen Angebote
Die Allianz will den Kunden gerade wegen des Wegfalls einer Mindestverzinsung höhere Erträge bieten. Das Unternehmen argumentiert mit den hohen Kosten, die ein Garantiezins verursacht. Ganz ohne Sicherheit sind die Produkte unter dem Logo „Perspektive“ dennoch nicht. Die eingezahlten Beiträge werden am Ende der Laufzeit wieder ausgezahlt oder in eine Mindestrente umgewandelt. Allerdings gilt diese Zusage nur, wenn der Kunde auch bis zum letzten Tag dabei bleibt. Wird die Police früher aufgekündigt, sind Verluste möglich.
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Ergo gewährt mit seiner „Ergo Rente Garantie“ ähnliche Zusagen. Dabei geht es um eine fondsgebundene Rentenversicherung. Zum Vertragsbeginn wird ein Auszahlungstermin vereinbart. Nur zu diesem Termin gibt es dann eine Mindestrente und die Zusage des Kapitalerhalts. Wer zuvor aussteigt, muss je nach Entwicklung der Finanzmärkte schlimmstenfalls deutliche Verluste hinnehmen. Dafür bietet die Ergo aber auch kundenfreundliche Elemente. So können die Kunden je nach Entwicklung ihrer eigenen wirtschaftlichen Situation Beiträge erhöhen oder senken und auch Zahlungen für bis zu zwei Jahre ganz aussetzen.
Der Rat von Experten
Bei Verbraucherschützern stoßen die neuen Angebote auf Skepsis. „Wir raten davon ab“, sagt der Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten (BdV). Beim Angebot von Ergo kann der Fachmann die Beispielrechnungen, mit denen das Unternehmen Kunden ködert, nicht nachvollziehen. Das Unternehmen gehe bei den Fonds, in denen das Geld der Anleger landet, von einer Wertentwicklung von sechs Prozent im Jahr aus. Diese Annahme hält Kleinlein für nicht nachvollziehbar. Unter dem Strich soll sich das angesparte Vermögen dadurch für den Kunden noch um 3,5 Prozent im Jahr verzinsen.
„Bei unserem neuen Prognosesystem verwenden wir aufwändige Berechnungen mit Mitteln der Wahrscheinlichkeitsrechnung“, verteidigt Ergo das Vorgehen. Im Werbefilm des Rentenangebots räumt die Versicherung aber ein, dass exakte Ertragsvoraussagen nicht möglich sind. Bei der Allianz moniert Kleinlein das Kleingedruckte. Dort behalte sich der Konzern eine Änderung der Sterbetafel vor. Das hört sich technisch an, hätte für die Kunden jedoch womöglich ärgerliche Folgen. Wenn das Unternehmen plötzlich von einer höheren Lebenserwartung ausgeht, vermindert sich die Rentenzahlung.