Berlin. . Wie geht’s weiter, wenn man pflegebedürftig wird, wird die eigene Beziehung halten, reicht das Geld in Zukunft noch zum Leben? Einer aktuellen Studie beziehen sich die größten Ängste der Deutschen auf private Krisen. Menschen in NRW sind dabei weniger sorgenvoll als die meisten anderen Deutschen.

Robuste Revierseele, rheinische Frohnatur, westfälisches Gemüt – die Mischung scheint’s zu bringen: Die Menschen in NRW blicken zwar sorgenvoller in die Zukunft als noch im letzten Jahr, haben aber weniger Angst als die meisten anderen Deutschen. Und das schon seit Jahren, wie eine Langzeitstudie über die „Ängste der Deutschen“ zeigt. Die furchtsamsten Bundesbürger leben in Sachsen-Anhalt, die sorglosesten in Berlin.

Deutlich gewachsen ist die Furcht vor privaten Krisen: Mehr als jeder Zweite fürchtet, im Alter zum Pflegefall zu werden. In NRW hängt die Angst vor Pflegebedürftigkeit sogar alle anderen ab. Und es sind nicht nur die Älteren, die sich sorgen: Bei den unter 40-Jährigen fürchtet sich fast jeder Zweite vor einem Lebensende als Pflegepatient.

Sorgen um die Partnerschaft

Überdurchschnittlich viele Menschen an Rhein und Ruhr machen sich dieses Jahr auch Sorgen um ihre Partnerschaft: Mehr als jeder Vierte fürchtet, dass seine Beziehung zerbrechen könnte. Im letzten Jahr war es nur jeder Siebte. Tatsächlich geht die Zahl der Scheidungen in NRW seit 2008 langsam zurück. Ehen, die im letzten Jahr geschieden wurden, hatten durchschnittlich knapp 15 Jahre gehalten.

Mehr Sorgen machen sich die Menschen in NRW dieses Jahr um Spannungen durch Ausländer. 2012 fürchtete sich nicht mal jeder Dritte davor, jetzt sorgt sich beinahe jeder Zweite. Auch die Angst vor Terrorismus und einem Krieg mit deutscher Beteiligung ist dieses Mal so hoch wie lange nicht. Die Sorge vor Arbeitslosigkeit blieb unverändert: Bei drei von zehn Erwachsenen ist sie groß.

Angst vor steigenden Kosten

Einig sind sich die Deutschen in ihrer Sorge um steigende Kosten. Knapp jeder dritte Befragte gab an, dass er mit weniger als 1000 Euro Haushaltsnetto im Monat auskommen müsse. Die reale Inflationsrate ist niedrig, „aber die gefühlte ist hoch“, so der Heidelberger Politikwissenschaftler Manfred G. Schmidt. „Das verfügbare Einkommen wird knapper.“ In NRW hat jeder zweite Angst, sich sein Leben bald nicht mehr leisten zu können, bundesweit sind es noch mehr.

Die größte Überraschung: Noch nie war das Vertrauen in die Politiker so hoch wie jetzt. „Wenn die Leute optimistisch sind, was die wirtschaftliche Entwicklung des Landes angeht, sind sie auch gnädiger in ihrem Urteil über Politiker“, so Schmidt. 2005 war es genau umgekehrt: Immense wirtschaftliche Angst plus deutliches Misstrauen gegenüber Politikern. Dann kam es zum Regierungswechsel: Große Koalition statt Rot-Grün. „Ängste sind ein wichtiger Faktor bei der Wahlentscheidung“, sagt Schmidt.

Frauen blicken sorgenvoller in die Zukunft als Männer

Die mit Abstand größte Sorge der Deutschen: die Angst vor dem europäischen Kassensturz. Sieben von zehn machen sich Sorgen, dass sie als Steuerzahler für die Euro-Rettung gerade stehen müssen.

Angst um die Kinder, um die eigene Gesundheit, um Armut und Einsamkeit im Alter: Frauen blicken sorgenvoller in die Zukunft als Männer. Sind Frauen also ängstlicher? „Sie zeigen es jedenfalls deutlicher“, sagt Studienleiterin Rita Jakli. Hinzu kommt: Viele Frauen haben nur geringe Rentenansprüche – aber doppelten Grund zur Sorge mit Blick auf das Pflegerisiko: Bevor sie selbst zum Pflegefall werden, pflegen sie viele Jahre lang die eigenen Eltern oder den Mann.