Berlin. . Ihre persönliche Zukunft mögen Deutsche nicht immer realistisch beurteilen. Die politische Zukunft beurteilen sie ziemlich klarsichtig. Die Schuldenkrise ist Angst Nr. 1. Ein überraschendes Ergebnis kommt aus NRW.
Glückliches NRW: Die Bürger an Rhein und Ruhr sind einer Umfrage zu Folge die sorglosesten Deutschen. Warum? Die Experten tappen im Dunkeln. „Vielleicht ist das der Effekt von Borussia Dortmund“, juxt Manfred G. Schmidt, Politikwissenschaftler an Uni Heidelberg. Zweimal Meister werden – das hebt die Stimmung in der ganzen Region. Tatsächlich sind die Menschen an Rhein und Ruhr zum zweiten Mal auf dem letzten Platz gelandet – das bedeutet: geringster Angstwert von allen Bundesländern.
„Auch bei der Bewertung der Politik sind die Menschen in NRW recht maßvoll“, so Schmidt. Während bundesweit 55 Prozent der Deutschen die Politiker überfordert sehen, sind es in NRW deutlich weniger. Steigende Lebenshaltungskosten und die Angst, im Alter ein Pflegefall zu werden – für die Bürger in NRW sind das die größten Sorgen im Ländervergleich. Angst davor, den Job zu verlieren, hat weniger als jeder Dritte, und nur jeder Siebte fürchtet, dass seine Partnerschaft zerbrechen könnte. Das wundert: Im letzten Jahr wurden rund 378 000 Ehen geschlossen und 188 000 geschieden.
Angst vor den Folgen der Euro-Krise
In der aktuellen Auswertung einer Langzeitstudie der R&V Versicherung zu den Ängsten der Deutschen wird jedoch deutlich: Gemeinsam haben alle Deutschen die immense Angst vor den Folgen der Euro-Schuldenkrise. „So hohe Werte hatten wir in den letzten 20 Jahren bei keiner Frage“, sagt Studienleiterin Rita Jakli.
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„Die Leute kennen nicht alle Details, aber sie sehen die Großwetterlage sehr realistisch“, so Politikwissenschaftler Schmidt. Die Angst vor einer Wirtschaftskrise mit höherer Staatsverschuldung und höheren Preisen habe andere Ängste überlagert.
Weniger realistisch als auf die europäische Krise blicken die Deutschen auf ihre persönliche Zukunft: Jeder Zweite hat Angst, dass er ein Pflegefall werden könnte – aber nur jeder Vierte fürchtet, eines Tages einen Angehörigen pflegen zu müssen. Auch die Entwicklung anderer Ängste deckt sich nicht zwangsläufig mit der realen Lage. Die Angst vor Terror ist auf den niedrigsten Wert seit den Anschlägen vom 11. September 2001 gesunken. Auch die Angst vor Naturkatastrophen ist deutlich geringer geworden.
Frauen sind ängstlicher als Männer
Insgesamt haben Frauen mehr Angst als Männer – zum ersten Mal auch mehr Sorgen vor einem Jobverlust. Und: „Frauen haben ein gutes Gespür für das, was im Alter auf sie zukommt“, glaubt Jakli.
Die Ängste der Deutschen
Sie leben durchschnittlich fünf Jahre länger als Männer und fürchten deutlich stärker Einsamkeit, Altersarmut und ein Lebensende als Pflegefall. Das Dilemma: „Frauen haben mehr Leben als Männer, aber weniger Geld.“