Berlin.. In vielen Branchen kann ein Streit zwischen Kunde und Anbieter außergerichtlich mit unabhängigen Schiedsstellen geklärt werden. Das Verfahren ist einfach und kostet wenig. Ein weithin bekanntes Beispiel ist der Ombudsmann der Versicherungswirtschaft.

Das Wort vom zufriedenen Kunden predigen Unternehmen in der Öffentlichkeit gerne und häufig. Doch die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Bahnfahrer sind sauer, wenn der Zug nicht rechtzeitig fährt, Urlauber ärgern sich über Baustellen vor dem Hotel und Bauherren über Pfusch. Nach Angaben der EU-Kommission stieß im Jahr 2010 jeder fünfte Verbraucher auf Probleme beim Einkauf oder bei der Nutzung von Serviceleistungen. „Nur sehr wenige Verbraucher versuchten und schafften es, ihre Ansprüche durchzusetzen“, stellt die Kommission fest. Den europaweiten finanziellen Schaden für die Konsumenten schätzt sie auf mehr als 22 Milliarden Euro im Jahr.

Künftig soll es in allen Mitgliedsländern leichter werden, die Kundenrechte durchzusetzen. Überall sollen einfache Verfahren der Streitschlichtung eingeführt werden. Mit Ausnahme zweier Branchen, dem Gesundheitswesen und der Bildung, müssen für alle Wirtschaftsbereiche unabhängige Schiedsstellen eingerichtet werden. Die einzelnen Länder haben noch bis Ende kommenden Jahres Zeit dazu, diese Vorgabe umzusetzen.

Schon länger gängige Praxis

In Deutschland ist die Schlichtung schon länger gängige Praxis. Ein weithin bekanntes Beispiel ist der Ombudsmann der Versicherungswirtschaft, Günter Hirsch. Der Jurist war früher Präsident des Bundesgerichtshofs.

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An sein Büro können sich die Kunden wenden, wenn sie sich mit ihrer Versicherung im Streitfall nicht einigen können. Der Ombudsmann entscheidet den Fall dann. Sofern der Streitwert weniger als 10 000 Euro beträgt, ist der Spruch für die Unternehmen bindend. Allein im vergangenen Jahr beschwerten sich über 17 000 Verbraucher. Fast 12 000 zulässige Fälle entschied der Schlichter. Dass sich die Eingaben lohnen können, zeigt eine weitere Zahl. Mehr als 2000 Mal nahmen die Versicherungen ihre erste Entscheidung zurück.

In vielen anderen Branchen gibt es ähnliche Einrichtungen. Ob Banken oder Sparkassen, Handwerker oder Apotheker, Bahnen oder Einzelhändler – sie alle bieten die Möglichkeit eines Schiedsverfahrens. Nur die Fluggesellschaften haben sich lange gesträubt. Doch auch dort wird in diesem Herbst ein solches Verfahren eingeführt, wenngleich die Airlines Einschränkungen durchsetzen konnten. Manche Fluggäste wie Pauschaltouristen oder Geschäftsreisende dürfen sich dort zum Beispiel nicht beschweren. Dies hat bei Verbraucherschützern viel Kritik ausgelöst.

Hohe Gerichtskosten drohen

„Statt eine berechtigte Beschwerde auf sich beruhen zu lassen, sollten Sie es auf außergerichtlichem Weg versuchen“, rät das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) in Kehl. Gerade wenn der Streitwert gering ist oder hohe Gerichtskosten drohen, ist die Schlichtung eine Alternative. Die Bundesregierung will dafür auch aus Kostengründen verstärkt werben. Denn jährlich fallen in Deutschland rund zwei Millionen zivilrechtliche Gerichtsverfahren an. Ein guter Teil davon könnte wegfallen, wenn sich die Betroffenen anderweitig einigen könnten. Ob und wo es eine Schiedsstelle gibt, lässt sich bei den jeweiligen Branchenverbänden oder Kammern erfragen.

Das EVZ hat im Internet eine Übersicht aller Schlichtungsstellen veröffentlicht. Sie kann unter der Adresse www.eu-verbraucher.de eingesehen werden. Die Einrichtung arbeitet selbst auch als Schlichtungsstelle. Wenn Konsumenten bei Geschäften wie dem Onlinekauf im Ausland Ärger haben, hilft das Zentrum bei der Durchsetzung von Ansprüchen in anderen EU-Ländern.

Schlichtungsstellen stellen Antragsformulare zur Verfügung

Das Verfahren für eine Güteregelung ist denkbar einfach und unkompliziert. Manche Schlichtungsstellen halten Antragsformulare bereit, bei anderen reicht eine Beschwerde per Brief, Fax oder E-Mail. Jede Partei trägt ihre Kosten selbst. Ein Anwalt ist in der Regel nicht vonnöten. Die Schlichtung selbst ist kostenlos und wird normalerweise von Juristen übernommen. Neben dem vollständigen Namen und der Adresse beider Beteiligter soll im Antrag der Fall geschildert werden. Belege wie Kaufverträge oder Mängelfotos gehören auch dazu. Wichtig ist auch ein Beleg der zuvor fehlgeschlagenen Versuche, sich mit dem Gegner zu einigen sowie die Versicherung, dass kein Gericht eingeschaltet wurde. Dann käme der Fall für eine Schlichtung nicht mehr in Frage.