Berlin.. Ob Nasenkorrektur oder Elektro-Rollstuhl, normalerweise zahlt die Krankenkasse diese Dinge nicht. Betroffene können Widerspruch einlegen. Je fundierter dieser begründet ist, desto höher stehen die Chancen auf Erfolg. Manchmal klappt die Kostenübernahme dann doch noch.

Brustvergrößerung, Nasenkorrektur oder Elektro-Rollstuhl: Bei diesen Dingen winkt die Krankenkasse im Normalfall ab. Versicherte müssen die hohen Kosten dafür selbst aufbringen. Doch es geht auch anders, wie ein Blick in die Praxis zeigt. Weigert sich die Kasse, eine OP, Behandlung oder ein Hilfsmittel zu bezahlen, kann es sich für Versicherte durchaus lohnen, hartnäckig zu bleiben.

„Gerade haben wir in erster Instanz einen Sportrollstuhl für einen 14-jährigen Jungen vor Gericht errungen“, erzählt Christian Au, Fachanwalt für Sozialrecht. „Die Kosten dafür – 3 500 Euro – muss die Kasse erst einmal übernehmen.“ Am Beispiel des Schülers, der den Spezialrollstuhl für den Sportunterricht benötigt, zeigt sich, was es bringen kann, wenn Betroffene bei Streit mit der Krankenkasse nicht klein beigeben. Der Weg vors Gericht ist allerdings nicht das erste und einzige Mittel, das Betroffenen bleibt, um die Krankenkasse zum Umdenken zu bewegen. Erst einmal können sie selbst versuchen, sich gegen die negative Entscheidung zur Wehr zu setzen.

Nur wenn die Maßnahme medizinisch notwendig ist, wird sie bezahlt

Laut Gesetz haben Versicherte einen Anspruch auf eine „ausreichende, bedarfsgerechte, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende medizinische Krankenbehandlung“. Und so fallen kosmetische Nasenkorrekturen, Brustvergrößerungen oder E-Rollstühle per Definition aus dem Leistungskatalog der Kassen heraus.

Nur wenn die Maßnahme medizinisch notwendig ist, wird sie bezahlt. „Die Kasse würde zum Beispiel die Kosten für eine Korrektur einer krummen Nase übernehmen, wenn wegen der Nasenfehlstellung die Atmung eingeschränkt ist“, erläutert Athanasios Drougias, Sprecher der Barmer GEK, die Regelung. Auch wenn der Versicherte einen körperlichen Makel mit entstellendem Charakter habe, könne eine Übernahme der Kosten in Frage kommen.

Bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) kennt man die Streitfälle. Hier melden sich regelmäßig Versicherte, die mit der Entscheidung ihrer Krankenkasse nicht einverstanden sind. „Häufig gibt es Beschwerden darüber, dass bestimmte Hilfsmittel nicht bezahlt werden“, so Stefan Palmowski von der UPD Beratungsstelle Dortmund. Es sei aber häufig so, dass sich die Kasse nicht komplett weigere, die Kosten zu übernehmen. „Oftmals werden nur die Kosten für die preiswerteste, ausreichende Alternative übernommen“, so Palmowski. Anstelle eines besonders leichten Rollstuhls soll es dann eben ein Standardrollstuhl sein.

Je fundierter der Widerspruch, desto höher stehen die Chancen auf Erfolg

Lehnt die Krankenkasse die Übernahme der Kosten ab, erhält der Versicherte einen Bescheid. Gegen diesen kann er Widerspruch einlegen, und die Kasse muss sich erneut mit dem Begehren auseinandersetzen. Für den Widerspruch gilt: Je fundierter dieser begründet ist, desto höher stehen die Chancen auf Erfolg. „In vielen Fällen ist es sinnvoll, noch einmal mit dem Arzt zu sprechen und ihn zu bitten, ein paar untermauernde Zeilen zu schreiben“, sagt UPD-Berater Palmowski. Auch die persönliche Sichtweise des Patienten sollte im Schreiben nicht fehlen.

Manche gewiefte Kasse schickt dem Versicherten nach Erhalt des Widerrufs ein zweites Schreiben. „Nach einer ersten Einschätzung denken wir, dass der Widerspruch abgelehnt wird. Wollen Sie den Widerruf nicht zurücknehmen?“, heißt es in etwa darin. Von solchen Worten sollte man sich auf keinen Fall einschüchtern lassen. „Versicherte sollten hier hartnäckig bleiben und antworten, dass sie eine erneute Überprüfung und damit einen zweiten Widerspruchsbescheid wünschen“, empfiehlt Palmowski.

Sonderfall Privatpatienten

Bei einem erneuten negativen Ergebnis, könne man im Zweifel vor das Sozialgericht ziehen. Vorschnell und ohne entsprechende Beratung – zum Beispiel durch einen UPD-Experten – sollte das allerdings nicht geschehen.

Im Gegensatz zu gesetzlich Versicherten bekommen Privatpatienten eine Rechnung vom Arzt. In der Regel bleiben ihnen 30 Tage, um die Forderung zu begleichen. Die Rechnung sollte schnellstmöglich bei der Versicherung eingereicht werden. Denn diese hat ihrerseits wiederum 30 Tage lang Zeit, die Forderung an den Versicherten zu überweisen.

Frist von 30 Tagen

Zahlt die Versicherung innerhalb der 30-Tage-Frist nicht, bleibt dem Patienten nur, den Betrag schriftlich geltend zu machen. „Auch über Verzugszinsen können die Betroffenen nachdenken“, sagt Stephan Caspary, ein Sprecher beim Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV). Ein Massenphänomen seien verspätete Zahlungen nicht. Privat Versicherten rät der PKV-Sprecher, erst einmal auf die Rückmeldung ihrer Krankenversicherers zu warten, bevor sie die Arztrechnung begleichen. „Manchmal stimmt etwas mit einem oder mehreren Posten auf der Rechnung nicht und die Versicherung zahlt nur die unstrittigen Beträge“, erläutert Caspary.

Weigert sich die private Krankenversicherung, für eine Leistung aufzukommen, müssen Versicherte erst einmal in Vorkasse treten. Den ausstehenden Betrag können sie dann versuchen, von der Versicherung zu erstreiten. Hierbei hilft der Ombudsmann der Privaten Krankenversicherung (www.pkv-ombudsmann.de). Bei Streitigkeiten mit dem Arzt helfen die Schlichtungsstellen der Ärztekammern.