Mainz. . Nach den Zugausfällen am Mainzer Hauptbahnhof soll ein Vorstand der Bahntochter DB Netz gehen. Die Bahn will das Chaos dort lindern und Mitarbeiter fragen, ob sie nicht doch früher aus dem Urlaub kommen.
Nach dem Chaos am Mainzer Hauptbahnhof zieht die Deutsche Bahn Konsequenzen: Der Produktionsvorstand der Bahntochter DB Netz, Hansjörg Hess, muss gehen. Dies bestätigten gut informierte Kreise am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa. Außerdem will die Bahn Mitarbeiter bitten, freiwillig ihren Urlaub zu unterbrechen, um die Lage in Mainz zu entspannen. Es bestehe aber kein Zwang, sagte ein Unternehmenssprecher der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Denkbar sei auch, Fahrdienstleiter aus anderen Bereichen zu schulen, damit sie in personell ausgedünnten Stellwerken aushelfen könnten.
Die "Stuttgarter Zeitung" hatte berichtet, die Ablösung von Hess sei schon länger geplant gewesen sein, die Ereignisse in Mainz hätten sie aber beschleunigt. Eine Bahn-Sprecherin sagte am Samstag, man führe keine Personaldiskussionen über die Medien. Am Mainzer Hauptbahnhof gibt es seit rund einer Woche Einschränkungen, weil fast die Hälfte der Fahrdienstleiter in Urlaub oder krank ist. Die Lage wird von diesem Montag an noch schwieriger, weil es auch Ausfälle und Umleitungen tagsüber gibt - nicht nur abends und nachts.
Keine Probleme mit Stuttgarter Fußballfans
Den Ansturm von Tausenden Stuttgarter Fußballfans wegen des Bundesligaspiels bewältigte der Mainzer Hauptbahnhof offenbar ohne Komplikationen. "Es ist alles planmäßig verlaufen. Es gab keine Störungen", sagte eine Bahn-Sprecherin am Abend in Berlin. "Es hat alles wunderbar funktioniert, sowohl auf der Hin-, als auch auf der Rückfahrt", sagte der Leiter Fanbetreuung des VfB Stuttgart, Christian Schmidt, nach dem Spiel. Kurzzeitig waren von der Bahn zudem mehr S-Bahnen und ein Regionalzug zusätzlich im Einsatz. Dies wurde möglich, weil ein zusätzlicher Fahrdienstleiter für ein paar Stunden einsprang.
Bahn-Aufsichtsratsmitglied Patrick Döring forderte, dass die Bahn umgehend Fahrdienstleiter zurückholt. "Die urlaubenden Mitarbeiter sollten sofort auf Kostenerstattung der Bahn ihren Urlaub abbrechen und Dienst tun", sagte der FDP-Generalsekretär der "Bild am Sonntag". Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG wies die Forderung zurück. "Unsere Kolleginnen und Kollegen brauchen ihren Erholungsurlaub dringend", sagte EVG-Chef Alexander Kirchner.
Ministerium sieht Situation "nicht hinnehmbar"
Aus dem Bundesverkehrsministerium hieß es am Sonntag: "Diese Situation ist nicht hinnehmbar." Das Problem müsse zügig behoben werden, und es müsse sichergestellt werden, dass sich dies nicht woanders wiederhole. Staatssekretär und Bahn-Aufsichtsratsmitglied Michael Odenwald hatte die Bahn bereits zur Prüfung aufgefordert, ob nicht urlaubende Mitarbeiter zurückgeholt werden können.
Die Bahn wies Vorwürfe aus einem "Spiegel"-Bericht zurück, wonach auch anderswo Störungen drohen wegen veralteter Stellwerke. Das Magazin schreibt, knapp 3000 Weichen-Schaltzentralen der Deutschen Bahn würden noch weitgehend mechanisch betrieben. Eine Bahn-Sprecherin sagte zwar, ältere Stellwerke seien grundsätzlich personalintensiver. Sie betonte aber: "Das ist ein regionales Problem in Mainz." Es sei durch Personalengpass bedingt.
Der Chef des Bundestags-Verkehrsausschusses, Anton Hofreiter (Grüne), kritisierte die Bahn. "Bei der Bahn wird massiv gespart", sagte Hofreiter der "Rheinischen Post" (Samstag). Der Bund habe das Unternehmen nicht gut genug ausgestattet. Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sieht Handlungsbedarf beim Bund. "Die Bahn macht damit den deutschen Schienenverkehr international lächerlich", kritisierte er. (dpa)