Köln. . Sie kann viel, und sie traut sich viel. Mut bedeutet Risiko. Das weiß Anke Engelke, und es macht ihr nichts aus. Genau deshalb ist sie für eine Talk-Show die richtige Besetzung, die mehr sein will als eine Dauerwerbesendung für Bücher, Filme und Tourneen.
Anke hat Zeit, eine Dreiviertelstunde. Das ist eine ganze Menge im schnelllebigen Showgeschäft. Anke Engelke hat sich bewusst Zeit genommen für ein Format, das ihr am Herzen liegt, ein Talk, der eigentlich eine Kulturshow ist: „Anke hat Zeit“. Am Samstag, 22.45 Uhr, feiert die vielseitige Künstlerin im WDR-Fernsehen Premiere.
Wir haben uns im Café des Kölner Stadtgartens verabredet. Nicht zufällig: Im Kölner Stadtgarten ist die erste Ausgabe aufgezeichnet worden, 120 Minuten, 90 davon werden gesendet.
Die Moderatorin kommt im kleinen Schwarzen
Die Atmosphäre im Café ist sommerlich. Anke Engelke trägt ein Sommerkleid in zurückhaltendem Schwarz, zu denen das Neongelb der Ballerinas in gewolltem Kontrast steht. Die Entertainerin beginnt das Interview, in dem sie kurzerhand über ihren Vorgänger spricht. „Das war ja auch schwierig für Helge“, sagt sie. „Du kannst Helge nicht sagen, geh’ mal da hin, da ist die Kamera gerade. Helge macht, was er will. Helge improvisiert. In der Musik, in der Show.“ Dabei schwingt nicht der Hauch von Lästerei mit, es klingt eher wie eine nüchterne Feststellung, Anke Engelke hat hohen Respekt vor Schneiders dadaistischer Komik.
„Yeah! Yeah! Wollen wir!“
Zugleich will die 47-jährige Tausendsasserin vermeiden, dass ihre Sätze besserwisserisch klingen. „Ich muss meine Rolle noch finden“, sagt sie. „Bin ich Zuhörer, Anstoßer, Nachbohrer?“ Grundsätzlich sollen sich die Gäste in der Runde wohlfühlen. Darf es auch mal Krawall geben? Anke Engelkes grau-grüne Augen blitzen kämpferisch. „Yeah!“, sagt sie und klatscht. „Yeah! Wollen wir!“ Auch aus Krawall mit Niveau können Fernsehmomente entstehen, die verzaubern. „Ich bin gegen vorhersagbare Gesprächsverläufe.“ Und gegen Karteikarten. Was nicht gegen eine gute Vorbereitung spricht. Im Gegenteil.
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Begeisterung für Kultur
Die Gäste hat Anke Engelke gemeinsam mit ihrer Redaktion ausgewählt, die meisten jedenfalls. „Wir diskutieren gemeinsam darüber, wir treten als Fürsprecher und Fans der Gäste auf. Wer eingeladen ist, darf für etwas werben, muss es aber nicht.“ Die Sendung will Begeisterung für Kultur vermitteln – und Begeisterung für die Menschen, die sie machen.
Erlaubt ist viel, verboten wenig. „Wenn sich einer in den Sessel einkuschelt und dabei einschläft, ist das okay“, sagt Anke Engelke. „Und wenn einer rausgeht und dann wieder reinkommt, auch.“
„Wir hatten viel Spaß, aber wir haben auch viel falsch gemacht“
So wie Helge Schneider. Er ist bei der Auftaktsendung kurz reingeschneit. Der Mülheimer Komiker präsentierte die ersten beiden Ausgaben des Formats, das damals logischerweise unter „Helge hat Zeit“ firmierte. Zwei Ausgaben, dann warf er hin, obwohl Kritiken wie Quoten Anlass zu Hoffnung gaben. Anke Engelke ließ sich vom WDR nicht lange bitten, Helge Schneider zu beerben. Das Projekt gefiel ihr.
Multitalent Engelke traut sich was, wohl wissend, dass Risiko beides birgt: Sieg oder Niederlage. Die Künstlerin hat beides erlebt. „Ladykracher“ wurde erst von der Kritik gezaust und später von den Kollegen kopiert.
Weniger Glück war Anke Engelke als weibliche Antwort auf Harald Schmidt beschieden: „Bei ,Anke Late Night’ haben wir 78 Folgen gemacht. Wir hatten viel Spaß, aber wir haben auch viel falsch gemacht.“
Keine Angst vor Irritation
Anke Engelke hat keine Angst, das Publikum zu irritieren, nicht mal bei ihren Auftritten in der WDR-Vorschulserie „Die Sendung mit dem Elefanten“. Dabei steht sie von ihrem Stuhl auf und improvisiert mit ihrer unglaublich beweglichen Mimik ein fiktives Gespräch mit Kindern und Eltern.
„Warum nicht mal das Fernsehen neu erfinden?“, sagt Anke Engelke leichthin. Wie viel Freiheit lässt ihr der WDR dabei? Anke Engelkes Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: „Alle.“