München. In den NSU-Prozess kommt Bewegung. Am Dienstag will Carten S. als erster Angeklagter eine Aussage machen. Seine Anschuldigungen gegen den früheren NPD-Funktionär Wohlleben sorgen für Aufsehen. S. behauptet, Wohlleben sei in die Planungen der Terrorgruppe eingebunden gewesen.

Im Verfahren gegen die Neonazi-Terrorgruppe NSU hat ein Mitangeklagter laut einem Medienbericht schwere Vorwürfe gegen den früheren NPD-Funktionär Ralf Wohlleben erhoben. Der ebenfalls in München vor Gericht stehende Wohlleben sei eng in Aktionen der rechtsextremen Gruppe eingebunden gewesen, sagte Carsten S. der Bundesanwaltschaft nach einem "Focus"-Bericht. Es wird erwartet, dass der 33-jährige S. an diesem Dienstag als erster Angeklagter eine Aussage im Prozess macht. Er ist als mutmaßlicher Helfer angeklagt.

Kurz nach seiner Verhaftung im Februar 2012 hatte Carsten S. zugegeben, dem untergetauchten Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe eine Schusswaffe besorgt zu haben. Mit ihr sollen die Terroristen zwischen 2000 und 2006 bundesweit neun Einwanderer ermordet haben. S. hatte sich bereits 2001 von der rechten Szene losgesagt.

Mittelsmann zwischen Wohlleben und den Terroristen

Er räumte laut "Focus" ein, dass er ab Ende 1998 Mittelsmann zwischen Wohlleben und dem Trio war. Die Wünsche der drei habe er immer an diesen weitergegeben. "Jeder Auftrag des Trios hat die Einbindung und Entscheidung des Ralf Wohlleben bedingt", zitiert das Magazin aus den Unterlagen. Das gelte "selbstverständlich auch für die Beschaffung der Schusswaffe". Im zweiten Halbjahr 1999 hätten ihn Mundlos und Böhnhardt damit beauftragt, Wohlleben habe den Erwerb vorbereitet und den Kaufpreis von 2500 D-Mark bereitgestellt. Wohlleben selbst hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert. Nach Ansicht der Ermittler wusste er von den Verbrechen - er ist ebenso wie Carsten S. wegen Beihilfe zum Mord angeklagt.

Teurer Prozess

Wohllebens Anwältin, Nicole Schneiders, soll laut einem Medienbericht der Neonazi-Szene näher stehen als bisher bekannt. Sie werde seit knapp 20 Jahren vom baden-württembergischen Verfassungsschutz der rechten Szene zugerechnet, berichtet das Internetportal "stern.de" unter Verweis auf vertrauliche Unterlagen des Landesamtes. So soll die Juristin als Mitglied die "Kameradschaft Karlsruhe" in Versammlungs- und Waffenrecht geschult haben.

Nach Schätzungen der Bundesanwaltschaft dürfte der NSU-Prozess laut "Spiegel" den Steuerzahler etwa 20 Millionen Euro kosten. Allein die Aufwendungen für die mehr als 80 Nebenkläger und ihre Anwälte schlügen mit rund 13 Millionen Euro zu Buche. Die Kosten trage zunächst Bayern, sie würden aber vom Bund erstattet. Kommt es zu Verurteilungen, müssten die Angeklagten dafür aufkommen. Seien sie dazu außerstande, bleibe der Steuerzahler auf den Kosten sitzen. (dpa)

Zweiter Tag des NSU-Prozess

Der zweite Verhandlungstag im Prozess gegen die Neonazi-Terrorgruppe NSU hat begonnen.
Der zweite Verhandlungstag im Prozess gegen die Neonazi-Terrorgruppe NSU hat begonnen. © REUTERS
Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe wird wieder dem Richter vorgeführt.
Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe wird wieder dem Richter vorgeführt. © TA
Mit Zschäpe stehen vier mutmaßliche Helfer der Terrorzelle vor Gericht.
Mit Zschäpe stehen vier mutmaßliche Helfer der Terrorzelle vor Gericht. © REUTERS
Bevor der Prozess fortgesetzt wird, spricht Zschäpe mit ihrem Anwalt Wolfgang Heer.
Bevor der Prozess fortgesetzt wird, spricht Zschäpe mit ihrem Anwalt Wolfgang Heer. © REUTERS
Die Anwälte der Ermordeten werfen den Verteidigern der Hauptangeklagten Beate Zschäpe vor, den Prozess zu verschleppen.
Die Anwälte der Ermordeten werfen den Verteidigern der Hauptangeklagten Beate Zschäpe vor, den Prozess zu verschleppen. © REUTERS
Der erste Prozesstag gegen die rechte Terrorgruppe NSU: Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe ....
Der erste Prozesstag gegen die rechte Terrorgruppe NSU: Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe .... © REUTERS
.... betrat ohne Handschellen den Gerichtssaal. Ihr wird ...
.... betrat ohne Handschellen den Gerichtssaal. Ihr wird ... © REUTERS
... die Mittäterschaft an den Morden und Anschlägen der rechtsradikalen Untergrundgruppe vorgworfen. Die beiden mutmaßlichen anderen Mittäter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt begingen  vor ihrer Verhaftung Selbstmord.
... die Mittäterschaft an den Morden und Anschlägen der rechtsradikalen Untergrundgruppe vorgworfen. Die beiden mutmaßlichen anderen Mittäter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt begingen vor ihrer Verhaftung Selbstmord. © dpa
Mitangeklagt sind vier mutmaßliche Helfer der Terrorgruppe wie André E., Holger G., Carsten S., der die Tatwaffe besorgt haben soll, und der frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben.
Mitangeklagt sind vier mutmaßliche Helfer der Terrorgruppe wie André E., Holger G., Carsten S., der die Tatwaffe besorgt haben soll, und der frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben. © Getty Images
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Beate Zschäpe mit ihren Anwälten Anja Sturm (r.), Wolfgang Heer and Wolfgang Stahl (l.).
Beate Zschäpe mit ihren Anwälten Anja Sturm (r.), Wolfgang Heer and Wolfgang Stahl (l.). © REUTERS
Die Sicherheitsmaßnahmen rund um den Prozess sind enorm. Das Verfahren gilt als größter Terroristenprozess seit der juristischen Aufarbeitung der linksradikalen RAF.
Die Sicherheitsmaßnahmen rund um den Prozess sind enorm. Das Verfahren gilt als größter Terroristenprozess seit der juristischen Aufarbeitung der linksradikalen RAF. © Getty Images
Hunderte Journalisten aus der ganzen Welt beobachten das verfahren. Im Gerichtssaal selbst ...
Hunderte Journalisten aus der ganzen Welt beobachten das verfahren. Im Gerichtssaal selbst ... © AFP
... sind nur 50 Plätze für Presse vertreter reserviert. Das Verfahren zur Vergabe der Plätze hatte für Proteste gesorgt - und musste nach einem Urteil des Verfassungsgerichtes wiederholt werden.
... sind nur 50 Plätze für Presse vertreter reserviert. Das Verfahren zur Vergabe der Plätze hatte für Proteste gesorgt - und musste nach einem Urteil des Verfassungsgerichtes wiederholt werden. © dpa
Vor dem Prozessgebäude kam es zum Teil zu ...
Vor dem Prozessgebäude kam es zum Teil zu ... © dpa
... tumulartigen Szenen und Demonstrationen gegen rechte Gewalt.
... tumulartigen Szenen und Demonstrationen gegen rechte Gewalt. © AFP
Eine junge, türkischstämmige Frau versucht gewaltsam in die Bannmeile vor dem Gericht einzudringen und wird von Polizisten abgeführt.
Eine junge, türkischstämmige Frau versucht gewaltsam in die Bannmeile vor dem Gericht einzudringen und wird von Polizisten abgeführt. © dpa
Adile Simsek (L), Witwe des von der NSU ermordeten Enver Simsek mit ihrer Rechtsanwältin - die Hinterbliebenen der Terroropfer sind als Nebenkläger vor Gericht vertreten.
Adile Simsek (L), Witwe des von der NSU ermordeten Enver Simsek mit ihrer Rechtsanwältin - die Hinterbliebenen der Terroropfer sind als Nebenkläger vor Gericht vertreten. © REUTERS
Die Anwälte von Beate Zschäpe auf dem Weg ins Gerichtsgebäude:  Wolfgang Stahl, Anja Sturm and Wofgang Heer (von links).
Die Anwälte von Beate Zschäpe auf dem Weg ins Gerichtsgebäude: Wolfgang Stahl, Anja Sturm and Wofgang Heer (von links). © AFP
Die Angeklagte Beate Zschäpe und die vier Mitangeklagten kommen in einem Fahrzeugkonvoi zum Gericht in München.
Die Angeklagte Beate Zschäpe und die vier Mitangeklagten kommen in einem Fahrzeugkonvoi zum Gericht in München. © dpa
Die Angeklagten auf dem Weg ins Gerichtsgebäude.
Die Angeklagten auf dem Weg ins Gerichtsgebäude. © Getty Images
Die Angeklagten auf dem Weg ins Gerichtsgebäude
Die Angeklagten auf dem Weg ins Gerichtsgebäude © REUTERS
Proteste gegen rechtsradikale Gewalt vor dem Prozess.
Proteste gegen rechtsradikale Gewalt vor dem Prozess. © REUTERS
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