Mannheim. Jugendliche, die in der Pubertät Alkohol trinken, erhöhen ihr Suchtrisiko deutlich. Das ist das Ergebnis einer Studie von Wissenschaftlern des Mannheimer Zentralinstituts für Seelische Gesundheit. Demnach verändere sich das Belohnungssystem des Gehirns stark in der Pubertät.
Wer in der Pubertät das erste Mal Alkohol trinkt, erhöht sein Risiko, auch später im Leben mehr und öfter Alkohol zu konsumieren. Zu diesem Ergebnis kommen Studien von Wissenschaftlern des Mannheimer Zentralinstituts für Seelische Gesundheit. "Das Belohnungssystem des Gehirns verändert sich während der Pubertät stark", erläuterte der Pharmakologe Rainer Spanagel. Damit sei das Gehirn in dieser Phase auch anfälliger für Belohnungen, die von Suchtstoffen geliefert werden. Das wiederum könne Auswirkungen auf den Alkoholkonsum im weiteren Leben haben.
Die Ergebnisse sollen in der Oktober-Ausgabe des Fachblatts "Alcoholism: Clinical & Experimental Research" veröffentlicht werden. Die Erkenntnisse der Mannheimer Forscher unter der Leitung von Miriam Schneider stammen zum einen aus einer Langzeitbeobachtung: Dabei wurde der Alkoholkonsum 283 junger Erwachsener mit Blick darauf ausgewertet, ob sie schon während der Pubertät Alkohol getrunken hatten. Zudem gab es Untersuchungen an Ratten.
Präventionsprogramme müssen besser abgestimmt werden
"Die meisten Teenager trinken das erste Mal während der Pubertät Alkohol", sagte Schneider. Der Beginn der Pubertät wird definiert mit dem Eintritt der Geschlechtsreife bei Mädchen und Jungen. In der Regel liegt er zwischen 12 und 14 Jahren. "Das verschiebt sich heute aber immer mehr nach vorne", sagte Spanagel.
Auch interessant
Den Untersuchungen zufolge scheint das Risiko eines höheren Alkoholkonsums im weiteren Leben nicht nur geringer zu sein, wenn man erst nach der Pubertät zum ersten Mal Alkohol trinkt. Es scheine sogar dann leicht geringer, wenn man vor der Pubertät erstmals zu Bier oder anderen Alkoholika greife, als wenn das während der Pubertät geschehe, betonen die Forscher.
Die Wissenschaftler ziehen aus ihren Erkenntnissen den Schluss, dass Präventionsprogramme sehr viel gezielter auf junge Menschen in der Pubertät zugeschnitten werden müssten. Schneider sagte aber auch: "Es muss auf jeden Fall noch Forschung zu diesem Thema stattfinden." Bislang sei die gängige Lehre gewesen, dass die Folgen desto schlimmer seien, je früher der Alkoholkonsum beginne. Jetzt gebe es "erste Hinweise", dass die Entwicklungsphasen eine wichtige Rolle spielten.
Zahl der Komasäufer steigt wieder
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes enden Alkohol-Exzesse bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland wieder häufiger im Krankenhaus. Wegen des Komasaufens wurden 2011 genau 26 349 Jungen und Mädchen im Alter von 10 bis 19 Jahren stationär in einer Klinik behandelt. Das waren 354 mehr als 2010. Bezogen auf 100 000 Einwohner nimmt die Zahl seit Beginn der Statistik im Jahr 2000 ständig zu. Fast zwei Drittel der Patienten sind Jungen und junge Männer.
Auch interessant
Nach dem letzten Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung ist der Konsum von Alkohol vor allem bei Heranwachsenden aber auf dem Rückzug. Regelmäßig zur Flasche greifen demnach 14,2 Prozent der jungen Leute zwischen 12 und 17 Jahren, heißt es in dem 2012 veröffentlichten Bericht. 2001 waren es noch 17,9 Prozent. Bei jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren ist regelmäßiger Alkoholkonsum dagegen mit knapp 40 Prozent so verbreitet wie 2001. (dpa)