Posen. . Für die Angehörigen ein Alptraum, für die Diebe eine Überraschung: Beim Diebstahl eines Transportwagens verschwanden auch die Särge mit zwölf Leichen aus Hoppegarten bei Berlin. Nun hat der Prozess gegen die mutmaßlichen Diebe begonnen.

Selten macht ein Autodiebstahl überregional so viele Schlagzeilen. Doch mit dem gestohlenen Kleintransporter aus Hoppegarten bei Berlin verschwanden im vergangenen Oktober auch zwölf Leichen, die eigentlich in ein Krematorium transportiert werden sollten. Deutsche, polnische und litauische Polizisten fahndeten tagelang nach einer Spur des gestohlenen Fahrzeugs. Die Särge wurden schließlich in Polen entdeckt.

Für die Angehörigen der Toten müssen es quälende Tage voller Ungewissheit und Verzweiflung gewesen sein. Doch auch die mutmaßlichen Täter, so wurde bei Prozessbeginn am Dienstag im polnischen Posen deutlich, waren geschockt, als sie erkannten, welche Ladung sich in dem gestohlenen Fahrzeug befand.

Natürlich war's keiner

Die drei Angeklagten aus Polen, alle einschlägig vorbestraft, versuchten ihre eigene Rolle an dem Diebstahl so gering wie möglich darzustellen. Sie seien nur für den Transport des Fahrzeugs angeheuert worden, versicherten sie, mit dem eigentlichen Diebstahl hätten sie nichts zu tun gehabt. Sie wollen nicht einmal gewusst haben, dass es sich um gestohlene Fahrzeuge handelte.

Eine Polizistin untersucht in einem Waldgebiet Särge, die aus dem gestohlenen Kleintransporter stammen. Bild: dpa
Eine Polizistin untersucht in einem Waldgebiet Särge, die aus dem gestohlenen Kleintransporter stammen. Bild: dpa

Als erster Zeuge sagte in dem Verfahren der bereits vor wenigen Wochen zu elf Monaten Haft verurteilte geständige Mittäter Dawid J. aus. "Ein Kumpel hat mir 2000 Zloty angeboten, um ein Auto über die Grenze zu bringen", sagte er. "Ich habe mir gedacht, dass das Fahrzeug wohl gestohlen ist, aber trotzdem zugestimmt."

Einer der nun angeklagten Männer hatte bei der Polizei ausgesagt, von dem Auftraggeber erfahren zu haben, dass es wegen der Särge "Probleme" gebe. Vor Gericht wollte er davon allerdings nichts mehr wissen - die Polizei habe ihm mit Schlägen gedroht, sagte er. "Ich wusste nicht, dass das Auto, das ich fuhr, gestohlen war", behauptete er. "Ich bin kein Dieb."

Särge wurden nicht geöffnet

Nach der Entdeckung der Särge hätte der Auftraggeber die Anordnung gegeben, die Leichen loszuwerden und das Fahrzeug zu verbrennen, schilderte ein Gerichtsreporter des Nachrichtensenders TVN24 die Aussagen.

Doch die Autodiebe hatten entweder nicht die Zeit oder die Nerven, alle Spuren zu verwischen. Sie luden die Särge in einem Waldgebiet bei Krolikow in der Nähe von Posen ab, wo sie von Polizisten gut eine Woche nach dem Diebstahl unversehrt gefunden wurden. Die Gerichtsmedizin bestätigte, dass niemand die Särge geöffnet hatte - für die Angehörigen sicher eine beruhigende Information.

Der gestohlene Transporter war bereits einen Tag zuvor bei Posen sicher gestellt worden - die Spurensicherung fand die Fingerabdrücke des bereits verurteilten polizeibekannten Dawid J. Seine Festnahme führte zu den Informationen über die drei Männer, die nun im Posener Bezirksgericht auf der Anklagebank sitzen.

Die drei Angeklagten waren der Polizei in der Vergangenheit eher als "kleine Fische" aufgefallen. Der 23 Jahre alte jüngste Angeklagte ist Mechaniker, die beiden anderen Männer lebten von Gelegenheitsarbeiten. Nach dem mutmaßlichen Drahtzieher fahndet die Polizei immer noch europaweit mit internationalem Haftbefehl.