London/Kiew/Hamburg. Flugausfälle, Schulschließungen, Verkehrschaos: Der Winter hat das öffentliche Leben in Teilen Europas komplett lahmgelegt. Besonders hart trifft es Großbritannien und die ukrainische Hauptstadt Kiew. Doch auch Deutschland muss weiter bibbern. Mindestens bis Mittwoch bleibt es frostig.
Eisige Kälte und heftiges Schneetreiben haben Teile Europas vollkommen ausgebremst. In Großbritannien mussten am Samstag zahlreiche Flüge gestrichen werden, bereits am Freitag hatte das Winterwetter dort zu Schulschließungen und Stromausfällen geführt. In der ukrainischen Hauptstadt Kiew verhängten Behörden nach einem verheerenden Schneesturm den Ausnahmezustand: In der Stadt mit drei Millionen Einwohnern herrschten chaotische Verhältnisse nach einem halben Meter Neuschnee. Auch in Deutschland bleibt der Frühling frostig, die Behinderungen durch Eis und Schnee sind aber vergleichsweise gering.
Ukrainischen Behörden zufolge kamen in Kiew 550 Soldaten und schweres Gerät beim Schneeräumen zum Einsatz. 15 Schützenpanzer sollten helfen, Lastwagen abzuschleppen. Das Verteidigungsministerium veröffentlichte eine Mitteilung und Bilder von einem Einsatz. Der Verkehr in Kiew brach völlig zusammen. Nur die Metro fuhr noch und verkürzte die Taktzeiten, um das erhöhte Passagieraufkommen zu bewältigen.
Viele Schulen in Großbritannien geschlossen - und ein Atomkraftwerk
Der größte Flughafen des Landes Borispol nahe der Hauptstadt strich den Großteil der Flüge. Behinderungen gab es auch im Zugverkehr. Landesweit fiel in 400 Ortschaften der Strom aus. In der Nacht zum Samstag war allein in Kiew so viel Niederschlag gefallen wie sonst in einem ganzen Monat März. Bei tiefen Minusgraden erwarteten Meteorologen bis Sonntag weitere Schneefälle.
Weißes Treiben und grimmige Kälte verwandelten auch fast ganz Großbritannien in eine Winterlandschaft. Bereits am Freitag hatten Schneefälle in Nordirland zu Stromausfällen und zahlreichen Schulschließungen geführt. Wegen des extremen Wetters im Nordwesten Englands wurde zudem die Atomanlage Sellafield vorübergehend geschlossen. Auch am Samstag kam es in vielen Teilen des Landes zu Behinderungen, wie Wetterdienst und Polizei mitteilten.
200.000 Menschen von Stromausfällen in Belfast betroffen
Am East-Midlands-Flughafen in der Nähe von Nottingham mussten wegen des Schnees zahlreiche Flüge gestrichen werden. Der Flughafen Leeds-Bradford im Norden Englands und der Humberside Airport im Nordosten mussten komplett geschlossen werden. Die Flüge wurden teils umgeleitet. Auch an anderen Flughäfen Großbritanniens, etwa in Manchester, kam es zu stundenlangen Verspätungen. Mehrere Zugstrecken wurden lahmgelegt, darunter die Verbindung Leeds-Carlisle.
In Nordirlands Hauptstadt Belfast waren am Freitagabend 200 000 Menschen von Stromausfällen betroffen. Umstürzende Bäume und auf den Stromkabeln haftendes Eis hätten die Leitungen zum Bersten gebracht. Auch auf einigen Inseln vor Schottland mussten die Einwohner mit Notstromaggregaten versorgt werden.
Frost-Frühling geht auch in Deutschland weiter
Das Fußball-Länderspiel Nordirland gegen Russland, von Freitagabend auf Samstagnachmittag verschoben, wurde in Belfast endgültig abgesagt. Im Norden von Wales mussten Hilfskräfte Ärzte und Pflegepersonal für Krankenhäuser mit Geländewagen zum Dienst fahren, nachdem Straßen unpassierbar geworden waren.
Der Frost-Frühling geht auch in Deutschland weiter. Vor allem der Norden ist betroffen. Die Temperaturen lagen nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes in der Nacht zum Samstag in Lübeck-Blankensee bei minus 9 Grad, in Hamburg-Fuhlsbüttel bei minus 7 Grad und an der Mecklenburgischen Seenplatte teilweise unter minus 10 Grad.
Fahrpläne der Fähren an der Nordseeküste
Für die Nacht zum Sonntag warnte der Deutsche Wetterdienst in Leipzig sogar vor strengem Frost mit bis zu minus 20 Grad im Bergland. "Das ist rekordverdächtig für diese Jahreszeit", sagte der Meteorologe Robert Scholz. Hoteliers und Liftbetreiber freuten sich aber über das frostige Wetter: Zahlreiche Wintersportfans strömten zu den Ski-Hängen der Mittelgebirge.
Im Vergleich zu Großbritannien und der Ukraine waren die Behinderungen durch den Wintertrubel hierzulande deutlich harmloser. In Norddeutschland blieben mehrere Autos nach Angaben der Polizei im Schnee stecken oder rutschten in Gräben. Auf der Zugstrecke bei Eckernförde in Schleswig-Holstein blieb ein Triebwagen, der zunächst eine technische Panne hatte, beim Abschleppen mit einer anderen Lokomotive im Schnee stecken. Starker Ostwind trieb an der Nordseeküste sowie auf den Nordfriesischen Inseln und Halligen das Wasser aus den Häfen und brachte damit die Fahrpläne der Fähren durcheinander.
Kommt Ostern endlich der Frühling?
Auch wenn sich zu Ostern möglicherweise endlich der lang ersehnte Frühling zeigen soll - bis dahin müssen die Menschen in Deutschland noch kräftig bibbern. Mindestens bis zum Mittwoch bleibt es in weiten Teilen des Landes noch frostig. An der Neiße und den östlichen Mittelgebirgen sinken die Nachttemperaturen sogar auf eisige Werte um minus zwölf Grad, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) am Samstag in Offenbach vorhersagte.
Auch tagsüber sieht das nicht viel besser aus: Im Osten werden höchstens minus fünf Grad erreicht - lediglich am Oberrhein steigen die Temperaturen auf acht Grad plus.
Dabei bleibt es meist nass und trüb. Erst am Dienstag lassen Schnee, Regen und Graupel langsam nach. Ob sich dann aber tatsächlich am Ende der Karwoche der trübste Winter seit mehr als 40 Jahren verabschiedet, ist noch nicht so ganz sicher - die Modelle seien zu unterschiedlich bei derart langen Vorhersagen. "Zumindest endet tagsüber im Norden und Osten der Dauerfrost", meinte ein DWD-Meteorologe. (dpa)