Essen. Immer öfter stehen Passanten an Unfallorten und fotografieren oder filmen das Geschehen, anstatt zu helfen. Die Aufnahmen finden sich dann oft im Internet wieder. Dabei zählt gerade kurz nach einem Unglück jede Sekunde, um Menschenleben zu retten. Rettungskräfte müssen Opfer mit Laken abschirmen.
Über die Hälfte der Verkehrstoten sterben innerhalb der ersten Minuten nach einem Unfall. Es kommt also auf jede Sekunde an. Passanten können zu Lebensrettern werden, wenn sie nur schnell genug handeln. Doch immer öfter, so beobachten Rettungskräfte, zücken die Menschen ihre Handys, machen Fotos und Videos vom Unfall und den Verunglückten. Und die finden sich hinterher im Internet wieder.
„Es ist immer das gleich bei den Einsätzen“, sagt Andreas Herlinghaus, Sprecher Feuerwehr-Gewerkschaft in NRW. Er ist selber Feuerwehrmann in Solingen. Erst kürzlich, so erzählt Herlinghaus, hatte er einen Einsatz, „eine Reanimation mitten in der Stadt.“ Mit großen Laken mussten die Feuerwehrmänner die Rettungsstelle abspannen, weil Passanten schon die Handys gezückt hatten, um zu filmen oder zu fotografieren. Oft genug würden Videos von Unfällen auf dem Videoportal Youtube landen.
Gaffer sind für Rettungskräfte eine Behinderung
Bei fast jedem Einsatz gäbe es mindestens einen Passanten, der „schon mit dem Handy dasteht, wenn wir ankommen“, sagt Herlinghaus. Das sei auch für die Rettungskräfte behindernd. "Es stört mich in meiner Einstellung zu helfen", so der Gewerkschaftler und Feuerwehrmann. Er kann nicht verstehen, dass viele Zeugen bei einem Unfall nur herumstehen, im schlimmsten Fall fotografieren oder filmen, anstatt zu helfen. "Jeder zweite hat doch einen Führerschein", der beinhalte ja auch den Kurs zum Ersthelfer.
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Richtig ärgerlich ist es dann, wenn die Rettungskräfte die Gaffer ansprechen und auch noch Ausreden zu hören bekommen. "Ich will nur mal gucken, vielleicht kenne ich den ja", zitiert Herlinghaus.
Es gibt diejenigen, die ihr Leben riskieren, und diejenigen, die wegschauen
"Es gibt Leute, die Hilfe verweigern", sagt Stephan Hegger, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei in NRW. Das Problem mit den Handys sei vor allem bei Jugendlichen sehr stark. Generell ließen sich zwei Typen von Menschen am Unfallort unterscheiden: Die Mutigen, die unter Umständen selber ihr Leben riskieren würden, und die "anderen, die wegschauen". "Dabei kommt es bei einem schweren Unfall auf die ersten Minuten an, die müssen überbrückt werden, bis die Fachleute vor Ort sind", erklärt Hegger.
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"Jeder ist verpflichtet Hilfe zu leisten, deshalb stören Fotografien mit dem Handy", unterstreicht Dieter Schütz, Sprecher des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Von dem Phänomen, dass Menschen Unfälle oder Rettungseinsätze mit dem Handy fotografieren oder filmen, halte er nichts.
Er betont zudem, dass die filmenden und fotografierenden Gaffer die Persönlichkeitsrechte der Unfallopfer und Einsatzkräfte verletzten. Gemeinsam mit dem ADAC legte das DRK am Dienstag eine Umfrage zur Ersten Hilfe vor. Demnach kennt nur jeder Dritte Autofahrer alle erforderlichen Erstmaßnahmen am Unfallort.