Berlin. . Die „Soko Wien“ (Fr., ZDF, 18.05 Uhr) feiert Jubiläum – mit der 100. Ausgabe. Als Piefke in Österreich ermittelt Stefan Jürgens. Im Interview bekennt er sich als Fan von Til Schweiger – und gratuliert ihm zum „Tatort“. Die Kritik an der Sendung findet er “bösartig“, sie gefällt ihm nicht.
Am Freitag feiert Stefan Jürgens Jubiläum. Um 18.05 Uhr ist der aus Unna stammende Schauspieler in der 100. Folge der höchst erfolgreichen ZDF-Vorabendserie „Soko Wien“ zu sehen. Jürgen Overkott sprach mit ihm.
Sie produzieren gerade ein neues Album. Eine Ihrer Scheiben heiß „Langstreckenläufer“. Sind Sie zügig unterwegs?
Stefan Jürgens: Na ja, ich habe schon beim 400-Meter-Lauf meine liebe Not. Als mein Sohn letztens gehört hat, wie niedrig meine Durchschnittsgeschwindigkeit beim Joggen ist, hat er gemeint, da sei es wohl gesünder zu gehen…
Sieben Kilometer in der Stunde.
Stefan Jürgens: Fast! (lacht) …So ungefähr. Da kann ich gut nachdenken oder meine Texte lernen.
Ich habe Sie damals in dem Fußball-Film „Nordkurve“ gesehen; da waren Sie unheimlich dynamisch. Haben Sie dafür trainiert?
Stefan Jürgens: Nein, da war ich 30.
Jetzt sind Sie 50. Spüren Sie an sich natürlichen Verfall?
Stefan Jürgens: Nee, ehrlich nein, außer dass ich eine Lesebrille brauche. Im Gegenteil, ich fühl mich eigentlich dynamischer als vor 10 Jahren.
…weil Sie gesünder leben.
„Ich finde es unglaublich, was mit Til Schweiger passiert“
Stefan Jürgens: ...Haha…Nö, nicht unbedingt. Man hat einfach eine größere innere und äußere Konzentration auf Dinge, die wichtig sind.
Konzentrieren wir uns auf ein Thema, das vielen unheimlich wichtig war: Til Schweigers „Tatort“-Premiere. War der Action-Krimi ein Weckruf?
Stefan Jürgens: Ich wollte Sonntagabend unbedingt gucken, ging aber nicht. Also habe ich ihn später gesehen, in der Mediathek. Das bedeutete natürlich auch: Ich kannte auch den ganzen Vorlauf und das, was anschließend geschrieben wurde. Ich finde es unglaublich, was mit Til Schweiger passiert. Ich finde es bösartig, und es gefällt mir nicht. Der „Tatort“ hat mir gefallen. Dynamisch und gut in Szene gesetzt. Gut, sie lassen es etwas mehr krachen – das mag vielleicht nicht jeder, einverstanden. Aber wenn ich Worte wie „Desaster“ lese, schüttle ich den Kopf. Ich kann auch nicht erkennen, warum man dem Kollegen Schweiger schlechtes Spiel vorwirft. Im Gegenteil: Ich fand ihn überzeugend. Ich habe dieser Figur geglaubt. Dazu hat er wunderbare Kollegen an seiner Seite, sein Partner Fahri Yardim sowie Mark Waschke, Tim Wilde und Stefanie Stappenbeck. Die Geschichte war heftig, aber konsequent. Ich gratuliere hiermit und freu’ mich auf den nächsten.
„Tatort“ ist eine tolle Werkschau
Sie waren selbst mal „Tatort“-Kommissar. Trauern Sie der Zeit hinterher?
Stefan Jürgens: Nein. Ich sehe den „Tatort“ nach wie vor sehr gern. Es ist eine wunderbare Werkschau, tolle Regisseure, tolle Schauspieler. Meine „Tatort“-Zeit ist vorbei, sie war kurz, aber ich habe sie nicht bereut.
Sie haben in den 90ern in der RTL-Comedy „Samstagnacht“ „Derrick“ parodiert. Haben Sie da schon heimlich für Krimi-Rollen trainiert?
Stefan Jürgens: Die Frage ist sicher ernst gemeint.
Sie haben mich durchschaut.
Stefan Jürgens: Persiflagen oder liebevoll gemeinte Karikaturen kann man nur dann erfolgreich gestalten, wenn man erfolgreiche Vorbilder hat. Horst Tappert habe ich kennengelernt, als er „Die Gentlemen bitten zur Kasse“ spielte. Wenn jemand eine Rolle wie „Derrick“ über 30 Jahre spielt, dann ist er eine Institution.
Liebe auf den ersten Blick
Sie selbst sind seit 2007 bei der „Soko Wien“ tätig. Wie lange haben Sie gebraucht, um als Piefke mit der Stadt warum zu werden?
Stefan Jürgens: Och, das ging relativ schnell. Das hat damit zu tun, dass ich in ein wundervolles Team reingekommen bin. Die Kollegen haben mich mit offenen Armen aufgenommen. Es war vom ersten Moment an ein Glücksfall; es war Liebe auf den ersten Blick. Bis heute arbeite ich unter Freunden.
Und die Leute draußen?
Stefan Jürgens: Ich bin auch von den Medien sehr, sehr freundlich aufgenommen worden. Ich habe gehört, dass das nicht immer so ist. Das positive Echo liegt vielleicht auch ein bisschen an der Figur, die ich spiele: Major Carl Ribarski ist nicht der übertrieben korrekte Deutsche. Den gibt es bei uns ja auch. Wir meinen ja oft, anderen Leuten erklären zu müssen, wie sie zu leben haben.
Es gibt immer mehr Limitierungen
Sie sind auf der einen Seite Ordnungshüter, auf der anderen Seite handhaben sie die Regeln flexibel.
Stefan Jürgens: Da findet schon Gerechtigkeit statt, aber nicht immer auf die klassische Art und Weise. Das kennen die Zuschauer aus allen möglichen Krimis, egal ob deutschen oder internationalen: Es gibt die Typen, die im Zweifelsfall durch die Wand laufen und die sich einen Dreck um die Regeln kümmern. Das ist bei „Soko Wien“ wohl auch so…(lacht).
In unserer Welt gibt es immer mehr Abstimmungsbedarf. Schürt das die Sehnsucht, als Rebell auszubrechen?
Stefan Jürgens: Ja, klar. Ich fühle mich inzwischen schon als Rebell, wenn ich vor der Kamera stehe und eine Zigarette rauche. Das normale Leben ist schon gekennzeichnet durch immer mehr Regeln und immer mehr Limitierungen. Das ist alles andere als sexy. Deshalb versuche ich mir meine Freiheiten zu erhalten.