Münster. Jedes dritte Kind hat schon eine Diät hinter sich. Jedes 20. denkt über eine Fettabsaugung nach, wie eine Studie zum Tag der gesunden Ernährung ergab. Nicht jedes Kind kann sich gesund ernähren: In vielen Familien fehlt das Geld für eine ausgewogene Ernährung.
Jedes vierte Kind in Deutschland fühlt sich laut einer Studie zu dick. Und bereits jedes dritte Kind hat mindestens eine Diät hinter sich, wie eine Untersuchung ergab, die die Bausparkasse LBS West am Mittwoch in Berlin vorstellte. Bundesweit waren in einer repräsentativen Umfrage 10 000 Kinder im Alter von 9 bis 14 Jahren für das LBS-Kinderbarometer befragt worden. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) ist etwa jedes sechste Kind in Deutschland übergewichtig.
Die gute Nachricht zum Tag der gesunden Ernährung am 7. März: Zwei Drittel der Schüler bezeichnen ihr Körpergewicht als genau richtig. Acht Prozent finden sich wiederum zu dünn. Ob das subjektive Gefühl mit der Realität übereinstimmt, klärt die Studie allerdings nicht. Das tatsächliche Gewicht der Befragten sei bewusst nicht abgefragt worden, sagte ein LBS-Sprecher der Nachrichtenagentur dpa.
Auch interessant
Der Umfrage zufolge denkt jedes 20. Kind darüber nach, sich Fett absaugen zu lassen. "Wenn Kinder in einem so radikalen Schritt die einzige Möglichkeit sehen, sich in ihrer Haut wohlzufühlen, ist das mehr als bedenklich. Die Zufriedenheit mit dem eigenen Körper beeinflusst das Wohlbefinden der Kinder in allen Lebensbereichen", erläuterte Christian Schröder, Sprecher des LBS-Kinderbarometers. Für das Kinderbarometer werden seit 2007 im zweijährigen Rhythmus bundesweit Schulkinder zwischen 9 und 14 Jahren befragt.
In vielen Familien fehlt das Geld für eine ausgewogene Ernährung
Weltweit fehlen nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) etwa 2,5 Milliarden Menschen lebenswichtige Stoffe im täglichen Essen. Bei diesem Phänomen des "Hidden Hungers" (auf Deutsch: verborgener Hunger) mangle es vor allem an Eisen, Jod, Zink und Vitamin A in der Nahrung, sagt Hans Konrad Biesalski vom Food Security Center an der Universität Hohenheim in einem dpa-Gespräch. Noch bis zum 9. März diskutieren Forscher an der Hochschule in Stuttgart über verborgenen Hunger.
Auch in Deutschland gebe es zahlreiche Menschen, deren Einkommen für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung nicht ausreiche. Das Dortmunder Institut für Kinderernährung habe im vergangenen Jahr in einer Studie mit 13 450 Kindern zwischen 3 und 17 Jahren gezeigt, dass in ärmeren Familien die Nahrungsvielfalt deutlich eingeschränkter sei. Niedriges Einkommen gehe häufiger mit Übergewicht bei Kindern einher. "Sehr energiereiche Lebensmittel sind häufig billiger als energiearme und enthalten darüber hinaus weniger lebenswichtige Mikronährstoffe", sagte der Ernährungswissenschaftler.
"Hartz IV reicht für eine gesunde Ernährung nicht aus"
Aus einer Analyse des Instituts für Kinderernährung werde zudem klar: "Der Regelsatz Hartz IV für Ernährung von Kindern reicht für eine gesunde Ernährung nicht aus." Um verborgenem Hunger auch in Deutschland entgegenzuwirken, sei beispielsweise eine kostenfreie Ernährung in Kindertagesstätten denkbar, so wie dies in skandinavischen Ländern der Fall ist. "Das wäre ein erster Schritt", meinte Biesalski. (dpa)