Essen. Ernährungscoach Christiane Schott hat einen Monat lang Erfahrungen als Veganköstlerin gesammelt. Aus dem Experiment ist inzwischen eine Überzeugung geworden. Einige Tipps, die den Einstieg in die vegane Lebensweise erleichtern.
Als Ernährungscoach ist es mein Job, mich mit unterschiedlichen Kostformen auseinanderzusetzen. Um den Beratungswünschen hinsichtlich einer rein pflanzlichen Ernährung gerecht zu werden, fasste ich Ende September 2012 den Entschluss, einen Monat lang Erfahrungen als Veganköstlerin zu sammeln.
Veganes Leben
„Wer sich vegan ernährt, nimmt keine Produkte zu sich, die vom Tier stammen. Neben Fleisch und Fisch beinhaltet das auch Milch und Eier sowie alle anderen Produkte und Zutaten, die aus oder von Tieren gewonnen werden. Insekten werden meist mit eingeschlossen, so dass auch kein Honig oder auch keine Stoffe, die zum Beispiel aus Läusen gewonnen werden, konsumiert werden. Vegan zu leben bedeutet, diese Prinzipien (so weit es geht) auch auf andere Lebensbereiche wie Kleidung, Kosmetik und Alltagsgegenstände auszuweiten. Statt Leder wird auf Kunstleder oder Mikrofaserprodukte zurückgegriffen, Tierwolle wird gemieden, es werden Kosmetika ohne Tierprodukte und ohne Tierversuche gewählt.“ (Definition der Albert Schweitzer Stiftung)
Aus meinem Experiment erwuchs schließlich wider Erwarten eine Überzeugung, der ich bis heute treu geblieben bin. Natürlich gab es auch Ausrutscher. Aber interessanterweise schmeckte weder der Parmaschinken noch das Softeis so gut, wie in meiner Erinnerung daran.
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Die ersten zehn Tage
Zunächst habe ich alle tierischen Nahrungsmittel aus meiner Küche verbannt. Auf meinem Speiseplan standen fortan viel frisches Obst, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Reismilch, Sojasahne, Kartoffeln, Hartweizen- und Vollkornpasta, Avocados, Nüsse, Samen und Gemüsegerichte in allen Variationen. Erste Erfolge stellten sich schnell ein. Ich habe drei Kilo abgenommen. Mein Hautbild wirkte deutlich verfeinert und meine Schlafqualität hat sich enorm verbessert.
Wichtig ist eine raffinierte Zubereitung der Gerichte. Ich habe mir sehr viele Anregungen aus Büchern und dem Internet geholt. Im Netz gibt es zahlreiche inspirierende Blogs und Websites mit fantastischen Rezepten. Von Mozzarella bis zur Mousse au Chocolat, es gibt fast nichts, was man nicht auch aus rein pflanzlichen Zutaten zubereiten kann.
Pflanzlicher Fleischersatz
Unter Insidern nennt man den pflanzlichen Fleischersatz auch scherzhaft Nikotinpflaster. Viele vegane Debütanten greifen auf Fertigprodukte aus Tofu (Soja) oder Seitan (Weizeneiweiß) zurück. Durch Form und Würzung imitieren sie alles von der Leberwurst bis zum Rinderbraten.
Ich war da keine Ausnahme. Nachdem ich die ersten Tage gut gemeistert hatte, wuchs meine Neugier und ich futterte mich durch die tierfreie Kühltheke. Das Ende vom Lied: Die mühelos verlorenen Pfunde fanden ihren Weg ebenso mühelos zurück auf meine Hüften. Tofuburger & Co sind kalorienreich. Sie gelten als Junkfood der veganen Ernährung und sind daher mit Vorsicht zu genießen.
Der Einkauf
Erledigungen im Supermarkt sind schnell gemacht. Bis auf Obst, Gemüse und Getreideprodukte ist das Angebot für Veganköstler uninteressant. Zwar gibt es mittlerweile eine Palette an Sojaprodukten, aber die ist sehr überschaubar.
Das Sortiment im Biomarkt ist da schon ergiebiger, meiner Erfahrung nach jedoch eher auf die Bedürfnisse von Vegetariern ausgerichtet. Ein geschulter Blick auf die Etiketten erspart Fehlkäufe. Zu Anfang ist es hilfreich, sich einen Überblick zu verschaffen. Viele Produkte, von denen man es nicht erwartet, enthalten Vollei- oder Milchpulver. Die Tierschutzorganisation Peta (People for the Ethical Treatment for Animals) hat eine Liste mit veganen Produkten im Internet veröffentlicht.
Käsealternativen, Eiersatz zum Backen, aufschlagbare Reissahne und ähnliches bestelle ich im Internet. Eine große Auswahl findet man zum Beispiel unter:
Auswärts essen
Im Restaurant stieß mein veganes Abenteuer das erste Mal an seine kulinarischen Grenzen. Unglücklicherweise feierte das Lokal meiner Wahl „Oktoberfest“. Deftige Schmankerl à la Spiegelei auf Leberkäs an honigglasierter Schweinshaxe. Der fleischgewordene Alptraum eines jeden Veganers.
Selbst nach intensivem Studium der Menükarte blieb mir tatsächlich nur die Sparte „Für unsere kleinen Gäste“. Die Pumuckl-Pasta, sprich Spaghetti mit Tomatensoße, entpuppte sich, wie befürchtet, als wenig reizvolles Genusserlebnis. Weniger Probleme gibt es aber beim Italiener und in asiatischen Restaurants.
Mein Tipp: Der Vegetarierbund bietet online eine Suchmaschine für vegane und vegetarische Restaurants.
Unterwegs
Die wenigsten Bäckereien oder Imbisse sind auf vegane Kundschaft eingestellt. Es ist demnach sinnvoll, immer einen Snack dabei zu haben. Ein Vollkorn-Sandwich, Obst oder ein Müsliriegel helfen beim kleinen Hunger zwischendurch.
Die Ernährungswissenschaft
„Sag mal, woher bekommst Du denn eigentlich dein Eiweiß?“, war die mir am häufigsten gestellte Frage. Ganz einfach: Hülsenfrüchte und Kartoffeln sind optimale Lieferanten.
Solide Proteinquellen sind zudem Nüsse, Weizenkeime, Soja- und Getreideprodukte. Auch die Angst vor Kalziummangel ist unbegründet. Vollkornbrot, grünes Blattgemüse, Haferflocken und Linsen in Kombination mit Bewegung an der frischen Luft (Vitamin D), beugen Osteoporose vor.
Ein wichtiger Nährstoff ist das Vitamin B12. Es kommt fast ausschließlich in tierischen Produkten vor. Die Peta empfiehlt in diesem Fall Nahrungsergänzungsmittel.
Veganismus ist als Dauerkost durchaus geeignet. Um Mangelerscheinungen vorzubeugen, ist aber eine intensive Auseinandersetzung mit der Materie unbedingt erforderlich.