Pretoria. . Der unter Mordverdacht stehende Paralympics-Star Oscar Pistorius wird gegen Kaution zunächst freigelassen. Das hat das Magistratsgericht in Pretoria am Freitag entschieden. Pistorius wird verdächtigt, seine Freudin Reeva Steenkamp erschossen zu haben.

Sensation im Fall des Paralympics-Stars: Der unter Mordverdacht stehende südafrikanische Sportler Oscar Pistorius (26) wird auf Beschluss des Gerichts gegen eine Kaution von einer Million Rand (etwa 85 000 Euro) freigelassen. Magistratsrichter Desmond Nair kritisierte am Freitag scharf Polizei und Staatsanwaltschaft. Es gebe keineswegs eindeutige Beweise dafür, dass Pistorius seine Freundin Reeva Steenkamp (29) ermordet habe. "Die Staatsanwaltschaft hat nicht überzeugend genug für den "vorsätzlichen Mord" argumentiert." Zunächst blieb dennoch unklar, unter welche Anklage Pistorius nun letztendlich gestellt wird.

Da keine Fluchtgefahr bestehe und von Pistorius keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehe, werde der behinderte Profisportler bis zum Prozess freigelassen, sagte Richter Nair. Er hinterfragte aber auch die Darstellungen von Pistorius. Es gebe da viele Ungereimtheiten und Unwahrscheinlichkeiten, sagte er in der fast zweistündigen Begründung seiner Entscheidung. Angesichts der weltweiten Prominenz und seiner Behinderung sei die Wahrscheinlichkeit nicht sehr groß, dass Pistorius einfach aus Südafrika fliehe, betonte Nair.

Polizei und Staatsanwaltschaft befürchten Fluchtgefahr bei Pistorius

In einer ersten Reaktion äußerte sich die Familie von Pistorius "erleichtert". Pistorius' Anwalt Barry Roux hatte während der vier Verhandlungstage mehrfach Falschinformationen des Staatsanwalts und krasse Fehler der Ermittlungsbeamten am Tatort beklagt. Die Verteidigung des Paralympics-Stars will eine Anklage höchstens wegen "fahrlässiger Tötung" erreichen.

Die Ermittlungen hat inzwischen ein anderer Polizist übernommen: Der bisherige Leiter der Untersuchungen, Hilton Botha, wird selbst des versuchten Mordes verdächtigt. Nach Ansicht des Staatsanwalts sei Pistorius' Aussage unglaubwürdig. Die Schilderungen des Athleten über den Verlauf der Tatnacht am Donnerstag vergangener Woche seien "nicht wahr", seine Version "unwahrscheinlich", sagte Staatsanwalt Gerrie Nel zu Beginn des vierten Anhörungstages am Freitag in Pretoria. Polizei und Staatsanwaltschaft waren gegen die Freilassung des Sportlers gegen Kaution: Sie gehen von einer Fluchtgefahr aus, weil Pistorius Konten im Ausland haben soll.

Bis es zur eigentlichen Verhandlung über den Fall kommt, könnte es noch Monate dauern. Sollte das Gericht dann auf Mord entscheiden, droht Pistorius eine lebenslange Freiheitsstrafe. (dpa/rtr/dapd)