Goslar. Blitzanlagen an deutschen Straßen droht im schlimmsten Fall das Aus. Wenn Hersteller der Messgeräte die Arbeitsweise ihrer Technik weiter als Betriebsgeheimnis schützen, könnten Temposünder nicht verurteilt werden. Experten beim Verkehrsgerichtstag fordern die Firmen jetzt zu mehr Transparenz auf.
„Abzocke, Geldmacherei“ – solchen Beschimpfungen sähe die Polizei sich immer wieder ausgesetzt, klagt auf der Expertentagung im Harz Polizeidirektor Johann-Markus Hans von der Hochschule der Polizei in Münster. Aus seiner Sicht ungerechte Vorwürfe angesichts von 1500 Verkehrstoten im Jahr, die auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen seien. Die fehlende Akzeptanz der Geschwindigkeitsüberwachung führe zu immer mehr Einsprüchen der Betroffenen.
Die Polizei schule ihre Beamten umfassend und vertraue darauf, dass die geeichten Messgeräte auch richtige Werte liefern, sagt Hans. Gesetzeslücken im deutschen Recht könnten aber dazu führen, dass die von Rechtsanwälten vor Gericht geforderte Freigabe der Bedienungsanleitung des Gerätes dessen Funktionalität beeinträchtige.
Ohne Preisgabe der Herstellerdaten keine sichere Tempomessung
In der Vergangenheit konnten Gerichte Einsprüche gegen ein amtlich zugelassenes Gerät leicht mit dem Hinweis auf ein „standardisiertes Messverfahren“ abweisen. Das entspreche aber nicht mehr der Realität, betonen Sachverständige in Goslar. Denn die Hersteller lieferten immer wieder neue Software-Updates, ohne deren Inhalte offenzulegen. „Betriebsgeheimnis“, heißt es oft zur Begründung. Gutachter klagen bereits, dass sie ohne die Preisgabe dieser Daten nicht mehr prüfen können, ob eine Tempomessung korrekt ist. Im Zweifel müssten Raser dann freigesprochen werden.
„Messgeräte sind hochkomplexe technische Geräte mit allen Macken, die solche Geräte üblicherweise aufweisen“, erklärt Swen Walentowski vom Deutschen Anwaltverein (DAV). Weil oft die Existenz eines Kraftfahrers vom richtigen Messergebnis abhänge, müsse er zu seiner Verteidigung auch vollen Einblick in die Arbeitsweise der Geräte bekommen.
Fehler durch falsche Bedienung
Eine weitere Fehlerquelle seien Bedienungsfehler durch die „Messbeamten“. Hier müsse dokumentiert werden, wie sie geschult wurden. In diesem Punkt sind der Anwaltverein und die Polizei nicht so weit auseinander. Denn Polizeidirektor Johann-Markus Hans sieht einen deutlichen Unterschied seiner Beamten zu kommunalen Messungen, die nur den Stadtsäckel füllen: „Zu diskutieren ist, ob Tempoüberwachung durch Kommunen den hohen Anforderungen an besonders geschultes Personal gerecht werden kann“.