Singapur. Anderthalb Wochen kämpft ein junges Vergewaltigungsopfer aus Indien schwer verletzt ums Überleben. Erst in ihrer Heimat, dann in einer Klinik in Singapur. Der Fall macht Schlagzeilen, es gibt Massenproteste. Nun hat die 23-Jährige den Kampf verloren.

Zwölf Tage nach der Vergewaltigung durch sechs Männer in Neu Delhi ist die bei der Tat schwer verletzte 23-jährige Inderin gestorben. Die Studentin erlag einem schweren Organversagen, wie das behandelnde Krankenhaus in Singapur am Samstag (Ortszeit) mitteilte. Die junge Frau war mit schweren inneren Verletzungen nach Singapur geflogen worden.

"Wir bedauern sehr, bekanntzugeben, dass die Patientin um 04.45 Uhr (Ortszeit) am 29. Dezember 2012 friedlich von uns gegangen ist", erklärte der Chef des Mount-Elizabeth-Hospitals, Kelvin Loh. Die Angehörigen der Patientin seien in der Todesstunde zugegen gewesen. Das Personal beklage mit den Hinterbliebenen den schweren Verlust. Acht Spezialisten hätten alles getan, um die Patientin zu retten, die tapfer um ihr Leben gekämpft habe.

Ein Krankenhausvertreter hatte am Freitag erklärt, der Zustand der 23-Jährigen habe eine "Wendung zum Schlechteren" genommen. Das Krankenhaus teilte mit, die Studentin habe einen Herzstillstand sowie schwere Hirnverletzungen erlitten. Zudem habe die junge Frau zuletzt Entzündungen in Lunge und Unterleib gehabt.

Studentin war in öffentlichem Bus schwer misshandelt worden

Die Studentin war am 16. Dezember Opfer einer Gruppenvergewaltigung in einem öffentlichen Bus in Neu Delhi geworden. Sie hatte schwere Darmverletzungen erlitten, weil ihre Peiniger sie mit einer Eisenstange misshandelt hatten, bevor sie sie aus dem Bus warfen.

Die brutale Vergewaltigung hatte in Indien eine heftige Debatte um sexuelle Gewalt ausgelöst. Besonders Frauen und junge Menschen gingen aus Wut und Empörung auf die Straße. Sie warfen den Behörden vor, nicht genügend gegen sexuelle Gewalt vorzugehen und Vergewaltiger zu decken. Der Tod der Studentin könnte die Proteste in Indien neu anfachen.

Bis zu ihrer Verlegung nach Singapur war die junge Frau in einem Krankenhaus in Neu Delhi behandelt worden. Die Regierung von Premierminister Manmohan Singh hatte zugesichert, der Staat werde alle Behandlungskosten übernehmen.

Zeitungen spekulierten am Freitag, die Studentin sei nur deshalb nach Singapur verlegt worden, um die Proteste in den Griff zu bekommen. Ein von der Regierung konsultierter Experte sagte der Zeitung "The Hindu", er sei lediglich gefragt worden, ob eine Verlegung sicher sei, nicht aber ob sie medizinisch sinnvoll sei. Die Patientin habe in Neu Delhi bereits "die bestmögliche Behandlung" bekommen.

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf das in Indien weit verbreitete Problem der sexuellen Gewalt gegen Frauen. Am Freitag meldete die Polizei den Tod einer 15 Jahre alten Schülerin, der nach einer Gruppenvergewaltigung im nördlichen Bundesstaat Uttar Pradesh die Kehle durchgeschnitten worden war. Die Regierung kündigte am Donnerstag an, Sexualstraftäter mit Namen, Foto und Adresse im Internet an den Pranger zu stellen. (afp)