Neu-Delhi. Nach der brutalen Vergewaltigung einer jungen Frau wächst die Wut in Indien. Jetzt ziehen Tausende wütende Inderinnen und Inder zum Präsidentenpalast und fordern mehr Sicherheit für Frauen und härtere Strafen für Sexualstraftäter.
Die brutale Vergewaltigung einer 23-Jährigen in einem Bus in Neu Delhi vor einer Woche hat auch am Sonntag Tausende wütender Menschen in Indien aus Protest auf die Straße getrieben. "Wir fordern die Todesstrafe für die Vergewaltiger, damit so etwas nie wieder passiert", sagte eine junge Demonstrantin. Die aufgebrachte Menge wollte vor den Präsidentenpalast ziehen, doch die Polizei ging mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Demonstranten vor. Am Rande der Proteste kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei. Mehrere Menschen erlitten Verletzungen.
Nach Angaben der Polizei sollen sich Krawallmacher unter die Protestierenden gemischt haben. Die Nachrichtenagentur IANS berichtete von rund 50 Verletzten, unter ihnen ein Polizist, der durch Steinwürfe schwer verwundet wurde. Die Protestierenden entzündeten Feuer und warfen Autos um. Immer wieder versuchten Gruppen, die Absperrungen zu dem Hügel zu durchbrechen, auf dem der Palast und das Regierungsgebäude stehen. Delhis Regierungschefin rief zur Ruhe auf.
Die Gruppenvergewaltigung vor einer Woche hatte ganz Indien schockiert. Sechs Männer sollen die Medizinstudentin vergewaltigt und sie und ihren Freund mit einer Eisenstange schwer verletzt haben. Die Männer wurden inzwischen festgenommen. Das Opfer der Vergewaltigung befindet sich noch immer in kritischem Zustand.
Nachdem die Politik lange geschwiegen hatte, traf sich die Chefin der regierenden Kongresspartei, Sonia Gandhi, nach offiziellen Angaben mit einigen Demonstranten. Sie versprach, dass den sechs Angeklagten ein schneller Prozess gemacht werde. Vergewaltigern droht in Indien lebenslängliche Haft.
"Die Regierung schläft"
Doch die Demonstranten forderten nicht nur Gerechtigkeit in diesem Fall, sondern vor allem mehr Sicherheit auf den Straßen. "Wir haben Angst, unsere Töchter aus dem Haus zu lassen", sagte die Lehrerin Savita Rao. "Die Regierung schläft. Wir wollen sie aufwecken. Die Gesetze müssen verschärft und richtig durchgesetzt werden", sagte eine 25-Jährige der Nachrichtenagentur IANS. Mittlerweile sagte die lokale Regierung schnellere Verfahren zu sowie eine bessere Beleuchtung öffentlicher Plätze und mehr Polizeistreifen in Delhi.
Im vergangenen Jahr wurden in Indien mehr als 26 000 Vergewaltigungen angezeigt. Doch die meisten Täter kommen davon - laut Menschenrechtsaktivisten wird nur etwa ein Viertel der Angeklagten verurteilt.
Unterdessen ist der Nachrichtenagentur IANS zufolge im Osten des Landes bei ähnlichen Protesten ein Journalist von Polizisten erschossen worden. Aufgebrachte Mitglieder von Film- und Kulturorganisationen hatten in Imphal im Bundesstaat Manipur die Festnahme eines Mannes gefordert, der eine Schauspielerin belästigt haben soll. Der Tote soll für einen lokalen Fernsehsender gearbeitet haben. "Die Polizei feuerte zunächst Tränengasgeschosse", sagte ein Polizist der Agentur. Nachdem ein Auto angezündet worden sei, habe die Polizei das Feuer eröffnet. (dpa)