Köln. . Zwei Finalshows, zwei Sieger. Trotz glanzvoller Finalshows lassen sowohl „The Voice of Germany“ (Sat.1) als auch „Das Supertalent“ (RTL) aufmerksame Betrachter ratlos zurück. Die Sender machen trotzdem weiter.
Da steht er weit nach Mitternacht und verbeugt sich vor dem Publikum im Saal, während von der Decke Konfetti regnet. Gerade 20 Jahre alt ist er, hatte nach eigener Aussage eine schwere Jugend und ist auch strafrechtlich schon mal in Erscheinung getreten. Alles in allem also ein idealer Kandidat für DSDS. Doch Jean-Michel Aweh hat sich beim „Supertalent“ beworben – und in der Nacht zu Sonntag verdient gewonnen. Vielleicht wird er der letzte Sieger der RTL-Show bleiben.
Mit dem selbst komponierten Song „Raus aus dem Nebel“ war Aweh angetreten. In anderen Casting-Shows ist so etwas nicht unüblich, beim Supertalent fast schon eine Sensation und nach Einschätzung von Oberjuror Dieter Bohlen auch „ein Risiko“. Weil man ja nicht mitsummen kann vor dem Fernseher.
"Das habe ich so ähnlich alles schon gesehen"
Für viele galt dann lange Zeit auch Christian Bakotessa als Favorit., der eigentlich nur als Zuschauer zu einer Aufzeichnung der Castings gekommen war und dort in einer Umbaupause entdeckt wurde, als er das Publikum mit einer Soul-Ballade von den Sitzen riss. Bohlen nannte ihn den „vielleicht besten Sänger, den wir hier je hatten“, am Ende aber reichte es vor Zombie-Zauberer Dan Sperry nur zu Platz zwei.
Ansonsten war das Finale wie die 13 Folgen zuvor. Aufwändig verpackt wie kaum eine andere Sendung im deutschen Fernsehen, aber mit weitgehend bekanntem Inhalt. Eine Mischung aus Talentschuppen und Kuriositätenkabinett mit Sängern, Tänzern und Artisten.
Selbst Dieter Bohlen räumte während der Castings hin und wieder mal ein: „Das habe ich so ähnlich alles schon gesehen.“
Nörgeleien eines Ex-Kandidaten
Die Zuschauer vor dem Bildschirm offenbar auch. Lediglich 4,35 Millionen Leute sahen das Finale der mittlerweile sechsten Staffel. Im vergangenen Jahr waren es noch 6,47 Millionen, vor zwei Jahren sogar 8,23 Millionen. Schlimmer noch für den Kölner Privatsender: Bei den jüngeren Zuschauern zog am Samstag sogar „Schlag den Raab“ vorbei. Mit allgemeiner Fernseh-Unlust der Deutschen und einer wachsenden Zahl von neuen Sendern allein lassen sich diese Zahlen nicht erklären.
Nick Howard ist "The Voice"
Da wird es RTL wenig trösten, dass auch die Konkurrenz bei Sat.1 mit sinkenden Quoten zu kämpfen hat. Im Finale der zweiten „The Voice of Germany“-Staffel hatte dort bereits in der Nacht zu Samstag Nick Howard, der Schützling von Rea Garvey, mit seinem Song „Unbreakable“ gesiegt. Zwar schalteten dabei mehr Zuschauer ein als in den Wochen zuvor, aber dennoch rund eine halbe Million weniger als vor gut einem Jahr.
Etwas überschattet wurde Howards Sieg von den Nörgeleien eines Ex-Kandidaten. Auf einem bei YouTube eingestellten Video beklagt sich der längst ausgeschiedene Jesper Jürgens bitterlich über seine Zeit bei „The Voice“. Von „Horrortrip“ und Knebelverträgen ist da die Rede. Überhaupt, die Teilnahme an der Show habe ihn ruiniert, weil er nun für einige Zeit nichts mehr mit Auftritten nebenbei verdienen darf. Immerhin räumt Jürgens ein, dass er in seiner ersten Begeisterung den Vertrag gar nicht gelesen, sondern blind unterschrieben habe. Weil: „Das waren ja 58 Seiten.“
Zur Zeit nichts Besseres
Eine neue Staffel will Sat.1 im nächsten Jahr dennoch starten.
Bei RTL hat man sich noch nicht endgültig entschieden, ruft aber vorsichtshalber schon einmal zu Bewerbungen auf. Sollte es weitergehen, dürfte das aber weniger mit Hoffnung auf bessere Quoten zu tun haben. Vielmehr halten alle Sender vor allem aus einem kühlen Grund an Casting-Shows fest. Sie haben zur Zeit nichts Besseres.