Kairo. . Die Kraftprobe zwischen Islamisten und Liberalen in Ägypten hat sich am Mittwoch erneut in gewalttätigen Auseinandersetzungen entladen. Gegner und Anhänger von Präsident Mursi lieferten sich vor dem Amtssitz des Staatschefs in der Hauptstadt Kairo bis in die Abendstunden heftige Straßenschlachten.

Gegner und Anhänger des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi haben sich am Mittwoch in der Hauptstadt Kairo heftige gewaltsame Auseinandersetzungen geliefert. Rund um den Präsidentenpalast seien am Abend mehrere Menschen bei Zusammenstößen verletzt worden. Ungeachtet der sich zuspitzenden Proteste will die ägyptische Führung am umstrittenen Verfassungsreferendum festhalten.

Beide Lager hatten für Mittwoch zu Massenkundgebungen vor dem Palast im Kairoer Viertel Heliopolis aufgerufen. Dort hatten schon am Dienstag zehntausende Mursi-Gegner protestiert. Nachdem die Anhänger Mursis die Oppositionellen zunächst nach kleineren Scharmützeln vertrieben hatten, gab es am frühen Abend schwere Zusammenstöße.

Die Aktivisten bewarfen sich über mehrere Stunden mit Molotowcocktails und Steinen, Autos gingen in Flammen auf. Polizeikräfte waren nicht vor Ort. Am späten Abend riefen die Muslimbrüder ihre Anhänger auf, sich aus der Innenstadt zurückzuziehen. In den Städten Ismailija und Suez zogen nach Angaben von Zeugen hunderte Menschen vor Büros der Muslimbruderschaft, aus der Mursi hervorgegangen war, und steckten diese in Brand.

Mehrere Politiker aus Umfeld von Mursi kehren Präsidenten den Rücken

Angesichts der sich verschärfenden Krise traten am Mittwoch mehrere Politiker aus dem unmittelbaren Umfeld des Präsidenten zurück. Wie die amtliche Nachrichtenagentur Mena berichtete, handelte es sich um die Mitglieder seines Beraterstabs Amr al-Leithi, Seif Abdel Fattah und Aiman al-Sajjad. Angaben zu den Gründen für ihren Rückzug wurden nicht gemacht.

Seit Tagen gibt es in Ägypten Demonstrationen für und gegen Mursis Führung. Der Präsident hatte sich zuvor per Dekret weitreichende neue Befugnisse gesichert. Die Opposition wendet sich außerdem gegen einen neuen Verfassungsentwurf, der maßgeblich die Handschrift der Islamisten trägt.

Trotz der Proteste hält die Regierung an ihren Plänen für ein baldiges Verfassungsreferendum fest. Die Abstimmung über den Entwurf für ein neues Grundgesetz werde wie geplant am 15. Dezember stattfinden, sagte Vizepräsident Mahmud Mekki am Mittwoch.

Die Regierung um Mursi verliere "Tag für Tag" ihre Legitimität, sagte der Oppositionspolitiker und ehemalige Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohammed ElBaradei. Er nannte eine Rücknahme der selbstverordneten Sondervollmachten des Präsidenten als Voraussetzung für die Aufnahme von Gesprächen.

Am Rande eines Treffens der NATO-Außenminister in Brüssel forderte US-Außenministerin Hillary Clinton von den ägyptischen Konfliktparteien einen "beiderseitigen Dialog". Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und der britische Außenminister William Hague erklärten, die Vorgänge in Ägypten bereiteten ihnen "Sorge". (afp)