Dhaka/Düsseldorf. . Mindestens 109 Menschen starben beim Brand einer Textilfabrik in Bangladesch. Das Feuer war im Erdgeschoss des neunstöckigen Gebäudes ausgebrochen. Weil alle drei Treppenhäuser genau dort endeten, war den Arbeitern, überwiegend Frauen, der Fluchtweg versperrt. Viele von ihnen stürzten sich aus den Fenstern der oberen Stockwerke.

In ihrer Panik, ihrer Verzweiflung springen sie aus den Fenstern. Auf der Flucht vor den Tod bringenden Flammen stürzen sie sich aus den oberen Etagen des neunstöckigen Fabrikgebäudes. Doch vergeblich, nur wenige der Arbeiter überleben das. Viele von ihnen sterben später in den Krankenhäusern. Mindestens 109 Menschen kommen bei der Brand-Katastrophe in Bangladesch ums Leben. Ihnen ist der Weg ins Freie versperrt, denn alle drei Treppenhäuser der Textilfabrik führen ins brennende Erdgeschoss.

Tragische Duplizität der Ereignisse: Erst Mitte September starben in Pakistan mehr als 250 Menschen, als dort eine für den deutschen Textildiscounter Kik produzierende Fabrik in Brand geriet. Dort waren die Fenster vergittert, die Notausgänge versperrt. Die vor den Toren der bangladeschischen Hauptstadt Dhaka liegende Textilfabrik Tazreen Fashion hatte erstmals einen Auftrag des deutschen Textilunternehmens C & A übernommen. Sie sollte 220 000 Sweatshirts an C&A Brasilien liefern. Bei der Geschäftsführung des Unternehmens in Düsseldorf zeigte man sich gestern geschockt. „Unser Mitgefühl gilt den Opfern dieses furchtbaren Unglücks sowie deren Familien und Angehörigen“, sagt Thorsten Rolfes, Sprecher von C&A Europa.

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„Regelmäßige Kontrollen“

Wie fast alle deutschen Textilproduzenten lässt auch C&A seine Waren vor allem in Asien herstellen. Indien, Bangladesch und China stehen dabei an erster Stelle. C&A betont auf seiner Internet-Seite seine soziale und ökologische Verantwortung, Unternehmenssprecher Rolfes erklärte gegenüber dieser Zeitung, eine zu C&A gehörende Firma namens Socam kontrolliere regelmäßig die Produktionsbedingungen. „Das ist Teil der Vertragsbedingungen“, sagt Rolfes.

Bei Tazreen Fashion hat es jedoch nach Auskunft von C&A bislang keine Kontrolle gegeben. Nicht einmal vor Vertragsabschluss wurde die Fabrik besichtigt. „Warum das so ist, ist noch nicht geklärt. Wir arbeiten daran. Ein Kontrollbesuch war jedoch für Dezember geplant“, sagt Rolfes.

Am späten Samstagabend war das Feuer in der Fabrik ausgebrochen. Die Feuerwehr barg die meisten Leichen der überwiegend weiblichen Fabrikarbeiter im zweiten Stockwerk. Die Ursache des Unglücks war bis gestern noch offen. Zeugen mussten hilflos mitansehen, wie die Frauen aus den brennenden Stockwerken sprangen.

Tausende besorgter Angehöriger der Arbeiterinnen versammelten sich in der Nähe der Fabrik. Ministerpräsidentin Sheikh Hasina zeigte sich schockiert über die bislang schlimmste Brandkatastrophe des Landes. Der Verband der Textilhersteller und die Vereinigung der Exporteure kündigten Hilfe für die Familien der Opfer an.

In Bangladesch gibt es rund 4500 Textilfabriken, Sicherheitsvorkehrungen existieren in vielen nicht. Gefertigt wird für westliche Konzerne wie Wal-Mart, H&M, Marks&Spencer. C&A hatte im vergangenen Jahr durch seine Kontrolleure 1724 Besichtigungen durchgeführt, in 73 Prozent der für das Haus arbeitenden Fabriken. In 65 Prozent der Fälle gab es Beanstandungen, vor allem wegen nicht eingehaltener Überstunden-Regelungen und zu geringer Löhne. C&A-Sprecher Rolfes bestätigt aber auch: „In zehn Prozent der Betriebe gab es keine oder versperrte Notausgänge.“