Istanbul. In Antalya ist der Fall des Alkohol-Tods von drei deutschen Berufschülern wieder aufgenommen worden. Dabei geht es um ein Urteil vom Sommer. Nach Meinung des Schwurgerichts sei die damalige Gefängnisstrafe zu gering ausgefallen. Die Opfer seien damals minderjährig gewesen.
Dreieinhalb Jahre nach dem Alkohol-Tod von drei deutschen Berufsschülern in der südtürkischen Urlaubsregion Antalya verhandelt die türkische Justiz erneut über den Fall. Bei einem Wiederaufnahmeverfahren vor dem Schwurgericht von Antalya geht es um ein Urteil des Berufungsgerichtshofes vom Sommer, wie die Anwältin Deniz Yildirim vor Prozessbeginn am Mittwoch sagte. Die Berufungsrichter hatten mehrere Urteile des ersten Verfahrens vom November vergangenen Jahres aufgehoben.
Eine Gruppe von damals 18- bis 22-jährigen Berufsschülern aus Lübeck hatte im März 2009 zusammen mit ihrer Klasse das "Anatolia Beach Hotel" in Kemer bei Antalya besucht. Dort kauften sie unwissentlich illegal hergestellten Wodka, der hohe Anteile giftiges Methanol enthielt. Ein Schüler starb noch im Hotel, zwei weitere wenig später im Krankenhaus. Vier Schüler mussten mit Vergiftungserscheinungen behandelt werden.
Hauptangeklagter soll härter bestraft werden weil Opfer minderjährig war
Im ersten Prozess erhielten zwei als Hauptangeklagte vor Gericht stehende Alkohol-Lieferanten des "Anatolia Beach Hotels" Haftstrafen von jeweils 60 Jahren. Sie wurden schuldig gesprochen, durch die Bereitstellung von gepanschtem Alkohol für den Tod der drei Deutschen und die Vergiftung der vier anderen Opfer verantwortlich gewesen zu sein.
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Im Juli hob das oberste Berufungsgericht in Ankara das Urteil aus Antalya teilweise auf. Die Berufungsrichter urteilten, die beiden Hauptangeklagten müssten für den Tod eines Lübeckers härter bestraft werden, weil das Opfer noch minderjährig war. Die jeweils fünfjährigen Freiheitsstrafen für den ehemaligen Einkaufschef des "Anatolia Beach Hotel" sowie den für die Getränke zuständigen Manager des Hotels hob der Berufungsgerichtshof wegen unvollständiger Ermittlungen auf.
Wie lange das Wiederaufnahmeverfahren dauern wird, ist noch offen
Der Anwalt der beiden Hauptangeklagten erklärte nach dem Urteil des Berufungsgerichtshofes, die deutsche Regierung und die Medien hätten seine Mandanten "gelyncht". Die Verteidigung will im Wiederaufnahmeverfahren noch einmal auf ihr Hauptargument hinweisen: Dass die Deutschen die einzigen der insgesamt 170 Hotelgäste gewesen seien, die vergiftet wurden, zeige, dass die Verantwortung nicht bei den Alkohol-Lieferanten liege, sondern bei der Hotelleitung.
Wie lange das Wiederaufnahmeverfahren in Antalya dauern wird, war am Mittwoch zunächst offen. Anwältin Yildirim hielt es für möglich, dass das Gericht ein neues Gutachten einholen werde, um die Verantwortung der Hotelleitung besser bewerten zu können. (afp)