Calgary. . „Hurricane Hazel“ heißt sie in ihrer Stadt: Hazel McCallion. Die fast 92-Jährige ist seit vielen Jahren Bürgermeisterin der sechstgrößten Stadt Kanadas. Sie hat acht kanadische Premierminister erlebt und ist keineswegs amtsmüde. Sogar das Bundesverdienstkreuz hat sie bekommen.
Die Kanadier nennen sie „Hurricane Hazel“, und der stürmische Name ist ihr Programm: Immer wieder streift sich Hazel McCallion ihr Hockey-Shirt über und jagt auf dem Eis dem Puck hinterher. Bei gutem Wetter sieht man sie, wie sie in schnittigen Sportklamotten durch die Stadt radelt und wenn es der Sache dient, etwa für ein Fernsehinterview, dann stemmt sie schon mal Gewichte im Fitness-Club.
Das alleine wäre schon bemerkenswert für eine Frau, die bald 92 Jahre alt wird. Noch bemerkenswerter aber ist, dass Hazel McCallion neben dem Sport auch noch einen Hauptberuf hat: Sie ist Bürgermeisterin von Mississauga, der sechstgrößten Stadt in Kanada.
Früher war sie Profi-Hockeyspielerin in Montréal
Hazel McCallion (91) ist seit 1978 Bürgermeisterin von Mississauga. Davor war sie eine Profi-Hockeyspielerin in Montréal und arbeitete als Sekretärin beim Müsli-Konzern Kellogg. In Mississauga führte sie mit ihrem Mann bis zu ihrer Wahl eine Lokalzeitung. Ihr Mann starb 1997 an Alzheimer. McCallion hat eine Tochter und zwei Söhne – und einen Hund. Er trägt wie sie den Namen „Hurricane“.
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McCallion ist die älteste Bürgermeisterin Nordamerikas, womöglich sogar der Welt. Seit 1978 ist sie schon im Amt, zwölf Mal wurde sie seitdem wiedergewählt. Umfragen zufolge ist sie die populärste Bürgermeisterin in ganz Kanada – und ein echtes Unikum.
Es gibt fast nichts, um das sich Hazel McCallion nicht selbst kümmert. Wenn in ihrer Stadt ein Sportverein etwas zu feiern hat – sie ist mit dabei. In der Adventszeit spaziert sie mit Nikolaus-Mütze verkleidet über die Einkaufsstraßen, sie rammt beim symbolischen Bäumepflanzen den Spaten in die harte Erde und schaut auch mal bei den Skatern im Stadtpark vorbei, um alles über den Trendsport zu lernen.
Acht kanadische Premierminister hat sie erlebt
Warum sie sich das mit knapp 92 noch antut? Längst könnte die rüstige Seniorin am Strand im sonnigen US-Staat Florida sitzen. Doch Hazel McCallion kennt kaum etwas anderes als Bürgermeisterin. Sie sagt: „Ich weiß nicht, was ich sonst machen würde in meinem Leben.“ Acht kanadische Premierminister hat sie erlebt und sechs amerikanische Präsidenten. 34 Jahre ist sie im Amt. Mehr noch: In Mississauga ist McCallion das Amt.
Im Rathaus geht alles über ihren Tisch: Akten, Termine, Vorlagen. Das berichten ihre Mitarbeiter, und klingen nicht nur erfreut dabei. Auch nicht darüber, dass ihre eigenwillige Chefin immer seltener auf ihren Rat hört. Dafür ist sie wohl zu lange dabei.
Ihren Chauffeur etwa hat sie schon vor Jahren abgeschafft. Er war ihr zu teuer. Statt dessen fährt sie jeden Tag selbst mit ihrem silbernen Chevy ins Rathaus. Fünf Buchstaben stehen auf ihrem Nummernschild: „MAYOR“, übersetzt: Bürgermeister.
Hazel McCallion trägt das Bundesverdienstkreuz
Das Geld der Stadt hält sie zusammen, als wäre es ihr eigenes. Wenn ihre erwachsenen Kinder bei ihr im Büro vorbeischauen, erklärt die Bürgermeisterin ihnen schon mal, sie mögen hinterher doch bitte das Licht ausschalten. Kostet ja Geld. So läuft es auch bei Budgetgesprächen im Ratssaal. Mississauga hatte bis vor kurzem nicht einen einzigen Cent Schulden aufgenommen – eine Seltenheit in Nordamerika.
McCallion hat mit niedrigen Steuern Tausende Betriebe in ihre Stadt gelockt, darunter auch 90 aus Deutschland. Das hat ihr das Bundesverdienstkreuz eingebracht. Die Einwohnerzahl von Mississauga ist in ihrer Amtszeit von 270 000 auf 700 000 explodiert. Damit liegt sie über der von Essen und Düsseldorf, Dortmund und Duisburg. McCallions Vorbild ist Margaret Thatcher, die Ex-Premierministerin von Großbritannien, die als die „eiserne Lady“ in die Geschichte eingegangen ist.
In Mississauga gilt McCallion als mindestens so eisern und zäh. Schon zu Lebzeiten haben sie eine Schule nach ihr benannt. Sogar eine neu gezüchtete Rosensorte trägt ihren Namen. Die hellroten und wohlduftenden Blüten der „Hazel McCallion Rose“ blühen auch in den Beeten vor ihrem Rathaus. In den Gartenmärkten der Stadt sind sie regelmäßig ausverkauft.
Wahlkampf? Nicht mehr nötig
Bei so viel Ruhm hat Hazel McCallion keinen Wahlkampf mehr nötig. „Als Bürgermeisterin bin ich immer im Wahlkampf“, sagt sie trocken. Seit Jahren schon stellt sie keine Plakate mehr auf und verteilt auch keine Flugblätter. Statt Wahlkampfspenden sammelt sie Zuwendungen für karitative Organisationen. Selbst als ein Lokalblatt bei der letzten Wahl 2010 erstmals gewagt hatte, ihre Abwahl zu fordern, weil sie zu starrsinnig geworden sei. Bei einem Auftrag soll sie außerdem ihren Sohn bevorzugt haben. 76 Prozent haben trotzdem für sie gestimmt.
Ob sie sie sich einen Ruhestand überhaupt einmal vorstellen kann? „Ich sehen mich jeden Tag danach, zur Arbeit zu gehen“, sagt sie und niemand zweifelt an ihren Worten. Trotzdem will sie 2014 Schluss machen, dass hat sie erst dieser Tage wieder bestätigt. In Mississauga mag man daran noch nicht so recht glauben.