Washington. . Vor etwa 4,5 Milliarden Jahren kam es zur kosmischen Katastrophe: Ein marsgroßer Himmelskörper kollidierte mit der Erde, aus den Trümmern entstand der Mond. Diese Theorie passt aber nicht zu der Verteilung des Materials auf Mond und Erde. Wissenschaftler haben nun geklärt, was genau passiert ist.
Gewaltige Einschläge und Zusammenstöße kosmischer Gesteinsbrocken waren in der Frühzeit des Sonnensystems nichts Ungewöhnliches. So entstand die Erde durch eine Vielzahl solcher Kollisionen, wodurch sie bis zur endgültigen Größe anwuchs. Vor genau 4,527 Milliarden Jahren kam es aber zu einem außergewöhnlich großen Unfall: Der marsgroße Planet Theia kollidierte mit dem Vorläufer unserer Erde. Nach dem Zusammenstoß bildete sich aus verdampften und glühenden Gesteinstrümmern eine rotierende Scheibe, aus der der Mond entstand.
Dieses Modell ist wissenschaftlich anerkannt, allerdings blieben bislang noch wichtige Fragen offen. Denn Simulationen der Kollision ergaben, dass der Mond eigentlich vor allem aus dem Material des mit der Erde kollidierten Planeten Theia bestehen müsste. Untersuchungen von Mondgesteinsproben der Apollo-Missionen ergaben aber eine chemische Zusammensetzung, die sich kaum von irdischen Elementen unterscheidet. Neue Simulationsstudien können diesen Umstand nun erklären.
Ein Tag dauerte zwei bis drei Stunden
Matija Cuk und Sarah Stewart von der Harvard University haben in ihren neuen Modellrechnungen eine Erklärung dafür geliefert. Sie nehmen an, dass sich die junge Erde vor über vier Milliarden Jahren deutlich schneller gedreht hat als die heutige Erde. Nur zwei bis drei Stunden dauerte ein Tag, schreiben sie im Wissenschaftsmagazin „Science“. Theia prallte also mit einer stark rotierenden Ur-Erde zusammen und schlug auf diese Weise enorme Felsmassen aus dem Erdmantel. Diese wurden dabei ins All geschleudert und formten den Mond. Dies wäre eine gute Erklärung für die geologische Ähnlichkeit zwischen der Erde und ihrem Trabanten.
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Ein ähnliches Szenario ergänzt die Thesen von Cuk und Stewart: Robin Canup vom Southwestern Research Institute in Boulder geht davon aus, dass Theia nicht kleiner war als die junge Erde, sondern etwa gleich groß. Seine Computer-Simulation untersucht, was passiert, wenn zwei ähnlich schwere Planeten mit deutlich geringerer Geschwindigkeit aufeinander prallen.
Ergebnis: Dabei wäre das Material beider Himmelskörper stark vermischt worden, was ebenfalls zu der festgestellten Ähnlichkeit von Mond- und Erdgestein passen würde. Mond und Erde wären demnach Zwillinge.
Die Erde drehte sich zu schnell
Doch die Theorien werfen neue Fragen auf. Denn in beiden Fällen müsste sich die Erde heute viel schneller drehen. Was aber hat das Tempo auf das heutige Maß gebremst? Cuk und Stewart erklären das mit den Anziehungskräften, die zwischen Mond, Erde und Sonne wirken. Dies führte dazu, dass sich die Rotationsgeschwindigkeit der Erde nach und nach verringerte. Bis heute verlangsamt der Mond die Erde. Astronomen berechneten, dass jedes Jahr die Tage um einige Millisekunden länger werden.
Die gigantische Kollision mit Theia war der vorläufig letzte Vorfall im Wachstum der Erde und markiert damit das Ende der Erdentstehung. Die kosmische Katastrophe, Astronomen reden vom „Giant Impact“, ist also zugleich die Geburtsstunde unserer Erde.