London. Forscher haben ein ungewöhnliches Ereignis im Universum nahezu in Echtzeit verfolgen können. Ein Schwarzes Loch hat einen Stern zerfetzt und sich anschließend die Trümmer einverleibt. Das Schwarze Loch besaß eine Masse, die der von drei Millionen Sonnen entsprach.

US-Astronomen haben ein Schwarzes Loch in flagranti bei einer sehr seltenen Tat ertappt: Sie konnten anhand der abgegebenen Strahlung verfolgen, wie das Gravitationsmonster einen Stern zerfetzte und sich anschließend dessen Trümmer einverleibte. Die Messungen, die von verschiedenen Teleskopen parallel aufgezeichnet wurden, erlauben es dabei erstmals, sowohl den Täter als auch das Opfer zu beschreiben. Der Täter ist demnach ein supermassereiches Schwarzes Loch von ähnlicher Größe wie das im Zentrum der Milchstraße. Es ist in einer 2,7 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie zu Hause. Der verschlungene Stern sei vermutlich ein Roter Riese gewesen, der seine äußere Hülle bereits bei einer früheren Begegnung mit dem Schwarzen Loch verloren hatte, schreiben Suvi Gezari von der Johns Hopkins University in Baltimore und ihre Kollegen im Fachmagazin "Nature" (doi: 10.1038/nature10990).

Die Daten der Forscher stammen vor allem vom Galaxy Evolution Explorer (GALEX), einem Weltraumteleskop, das im ultravioletten Bereich des Spektrums misst, und dem Pan-STARRS1-Teleskop auf dem Gipfel des Haleakala auf Hawaii, das den sichtbaren Bereich abdeckt. Beide registrierten im Mai 2010 einen Strahlungsanstieg in einem bestimmten Himmelsbereich, der im Juli seinen Höhepunkt erreichte. Anschließend nahm die Lichtintensität langsam wieder ab, bis sie im September 2011 wieder auf dem Ursprungsniveau angelangt war. Die Astronomen merkten relativ schnell, dass sie etwas Ungewöhnliches beobachteten: Zwar ähnelte die Helligkeitszunahme der bei einer herkömmlichen Sternenexplosion, Anstieg und Abfall waren jedoch zu langsam, als dass das Licht tatsächlich von einer solchen Supernova hätte stammen können.

Erst zerfetzt, dann verschlungen

Alle Messungen zusammengenommen deuteten die Daten vielmehr eindeutig auf ein sehr viel selteneres Ereignis hin: das Außeinanderreißen eines Sterns durch ein Schwarzes Loch. Die Forscher stellen sich das Szenario so vor: Der Stern, der bereits zuvor das Schwarze Loch auf einer stark elliptischen Bahn umkreist hatte, kam dem Schwerkraftmonster irgendwann extrem nahe. Dadurch wirkten die enormen Gezeitenkräfte des Schwarzen Lochs auf ihn ein und zerfetzten ihn buchstäblich. Ein Teil des dabei freiwerdenden Gases wurde aus der Umlaufbahn herausgeschleudert, der Rest wurde zum Schwarzen Loch hingezogen. Die dabei entstehende Reibung heizte das Gas auf, sodass es zu glühen begann. Innerhalb des folgenden Jahres verleibte sich das Schwarze Loch die Sternentrümmer schließlich vollständig ein.

Das Schwarze Loch besaß eine Masse, die der von drei Millionen Sonnen entsprach, errechneten die Forscher. Damit gehört es zu den supermassereichen Schwarzen Löchern, die in den Zentren der meisten Galaxien vermutet werden und die normalerweise inaktiv sind. Auch über den unglücklichen Stern können sie einiges sagen: Er enthielt ungewöhnlich wenig Wasserstoff, dafür recht viel Helium. Das deute darauf hin, dass er bereits am Ende seines Lebens angelangt und zu einem aufgeblähten Roten Riesen geworden war, schreibt das Team. Zudem müsse er bereits früher einmal Kontakt mit dem Schwarzen Loch gehabt haben: Seine äußere Hülle fehlte - sie war vermutlich bei einer früheren Annäherung dem Gravitationsriesen zum Opfer gefallen. "Der Stern hat eine Begegnung mit dem Schwarzen Loch knapp überlebt, um in Runde zwei sein unglückliches Ende zu finden", kommentiert Co-Autor Ryan Chornock vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. (dapd)