Rostock. Der Entführer der 17-jährigen Rebecca aus Rostock war offenbar während der mehrtägigen Geiselnahme zur Beratung bei einem Bewährungshilfeverein. Der 28-jährige Mario B. soll zwei Termine zur Wiedereingliederung wahrgenommen haben. Währenddessen blieb Rebecca gefesselt in seiner Wohnung zurück.
Während der Gefangenschaft der 17-jährigen Rebecca hat ihr mutmaßlicher Entführer offenbar eiskalt noch Termine bei einem Verein zur Wiedereingliederung von Straftätern wahrgenommen. Das sagte der stellvertretende Leiter des Landesamtes für ambulante Straffälligenarbeit, Volker Horstmann, am Donnerstag in Rostock. Demnach meldete sich der 28-jährige Mario B. zwei Mal beim Verein Soziale Initiative, während Rebecca gefesselt in seiner Wohnung zurückblieb. Dem Mann wird Freiheitsberaubung, Vergewaltigung und Nötigung vorgeworfen, er sitzt in Untersuchungshaft.
Zudem wurde bekannt, dass Mario B. zum Zeitpunkt der Tat unter besonderer Polizeibeobachtung stand. Dennoch war er bei der Suche nach Rebecca nicht überprüft worden, obwohl er in dem Gebiet wohnte, in dem Rebecca verschwunden war. Das Mädchen konnte sich nach fast vier Tagen in der Gewalt ihres Entführers und Vergewaltigers am Dienstag selbst befreien.
Polizeibeobachtung ging über Führungsaufsicht hinaus
Mario B. war im August 2011 nach einer zweieinhalbjährigen Gefängnisstrafe entlassen worden. Da nicht auszuschließen war, dass er weitere Straftaten begeht, wurde eine sogenannte Führungsaufsicht verhängt, wie Horstmann sagte. Das bedeutet, dass er sich regelmäßig melden und jeden Wohnungswechsel anzeigen musste. Als besonders schwerem Fall sei gegen den 28-Jährigen zudem eine besondere polizeiliche Beobachtung veranlasst worden, die über die normale Führungsaufsicht hinausgeht.
Während der Betreuung durch die Führungsaufsicht sei Mario B. kaum auffällig geworden, sagte Horstmann weiter. Er habe sich relativ schnell in der Freiheit eingelebt, weshalb auch die Abstände zwischen den Terminen beim Bewährungshelfer von zwei auf vier Wochen verlängert worden seien.
Justizministerium verteidigt das System
Dabei war auf der Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft am Mittwoch bekannt geworden, dass im Sommer Anzeige gegen den 28-Jährigen erstattet worden war. Nach einer Ruhestörung hatten die Polizeibeamten einen Schlagring bei Mario B. gefunden. Ein Ermittlungsverfahren wurde gegen ihn eingeleitet.
Der Leiter der Abteilung Justizvollzug und Soziale Dienste im Schweriner Justizministerium, Jörg Jesse, verteidigte den Umgang mit ehemaligen Strafgefangenen in Mecklenburg-Vorpommern: "Das System ist gut, aber es bietet keine hundertprozentige Sicherheit." Im Land stehen derzeit rund 770 Personen unter Führungsaufsicht. Mehr als 200 von ihnen unterliegen besonderer polizeilicher Aufsicht. Der Bewährungshelfer von Mario B. habe sich um etwa 50 Fälle gekümmert, was etwa dem Durchschnitt entspreche. (dapd)