Essen. Die Notlandung eines Germanwings-Airbus wegen giftiger Dämpfe im Cockpit ist kein Einzelfall: Im vergangenen Jahr mussten mehrere Flüge abgebrochen werden, weil giftige Dämpfe ins Cockpit oder in die Kabine gelangten. Der Bundestag wird das Thema nun genauer beleuchten.
Die Ende letzter Woche bekannt gewordene Notlandung des Germanwings-Airbus im Dezember 2010 in Köln, bei der die Besatzung mit Lähmungserscheinungen und einer drohenden Ohnmacht zu kämpfen hatte, war kein Einzelfall. In den letzten zwölf Monaten mussten in Deutschland mehrere Flüge abgebrochen oder Besatzungsmitglieder nach der Landung ärztlich behandelt werden, weil Schadstoffdämpfe in Cockpit oder Kabine eingedrungen waren. Die Untersuchungsstelle des Bundes für Flugunfälle ordnete die Vorfälle als „schwere Störungen“ ein.
Betroffen waren im Januar und März auch Maschinen der Lufthansa, so ein Airbus A 330 auf dem Weg von Miami nach Düsseldorf. Hier mussten sich acht Besatzungsmitglieder in ärztliche Behandlung geben. Die Lufthansa räumte auch ein, dass im Zusammenhang mit am Triebwerk abgesaugter Luft mehrfach die Turbinen ihres neuen Großflugzeugs Airbus A 380 ausgetauscht werden mussten. Außerdem lässt die Linie jetzt Messgeräte entwickeln, die Giftstoffe in der eingesaugten Frischluft aufspüren sollen.
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Im Germanwings-Fall hat der Kapitän bezweifelt, dass es sich bei den aufgetretenen Dämpfen um die Reste von – harmloseren – Enteisungschemikalien handelt, wie es seine Gesellschaft behauptet: Der „intensive Geruch hatte definitiv keinerlei Ähnlichkeit mit dem von verbrannter Enteisungsflüssigkeit“, heißt es in einer persönlichen Notiz, die der WAZ vorliegt.
Pilotenvereinigung geht von Öldämpfen aus
Die Piloten-Vereinigung Cockpit glaubt, dass es sich hier wie in anderen Fällen um Öldämpfe gehandelt haben könnte, die das Gift TCP enthalten.
Der Bundestag wird sich jetzt auf breiter Basis mit dem Problem der Kontaminierung der Kabinenluft bei Verkehrsflugzeugen auseinandersetzen, obwohl frühere Anträge der Opposition erst kürzlich abgelehnt wurden. Die Grünen forderten gestern einen Regierungsbericht an. Er soll erklären, welche Gefahren für Passagiere und Besatzungsmitglieder entstehen können.
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Der Abgeordnete Markus Tressel sagte zur WAZ: „Die Bundesregierung muss sich eingestehen, dass es ein Problem gibt, dass sie nicht länger totschweigen kann“. Es sei überdies „nicht zu viel verlangt, dass ordentliche Filter installiert werden“. Die SPD kritisiert besonders Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Er habe die Debatte bisher ignoriert. Das sei ein „politischer Skandal“.